Grundannahmen des Behaviorismus
Der Behaviorismus ging davon aus, dass das Gehirn eine „Blackbox“ ist, über die man nichts herausfinden kann; deshalb ist es auch sinnlos, darüber zu spekulieren. Stattdessen orientierte man sich daran, was man beobachten konnte: Verhalten (behavior). Darüber konnte man Lernen schon ganz ordentlich definieren: Lernen bedeutet, dass ein Verhalten sich verändert.
Klassische Konditionierung
Ein typisch behavioristisches Experiment ist das Experiment von Pawlow um 1900: Ein Hund lernt in kürzester Zeit, dass er immer dann, wenn eine Glocke klingelt, etwas zu Fressen bekommt. Sobald er das kapiert hat, fängt er bereits zu sabbern an, wenn er die Glocke hört, obwohl noch gar kein Futter da ist. Fachsprachlich ausgedrückt: Die natürliche Reaktion des Hundes „Sabbern“ auf den natürlichen Reiz „Futter“ wurde nun auf den (vormals neutralen) Reiz „Glöckchen“ übertragen. Der Hund wurde konditioniert.
Folgende Generationen von Behavioristen haben dann ähnliche Experimente an Menschen – in der Regel Kleinkindern – durchgeführt, und waren dabei nicht besonders sensibel für ethische Schwierigkeiten. Berüchtigt ist vor allem Watsons Experiment von 1920: Ein Einjähriger namens Albert bekam eine Ratte zum Spielen, die er zunächst ganz toll fand. Dann hat Watson immer dann, wenn Albert die Ratte angefasst hat, ziemlich lauten Lärm veranstaltet. Albert hat ziemlich schnell kapiert, dass er die Ratte lieber nicht anfasst, und ihm das den Lärm erspart. Gelernt hat er das also ganz wunderbar. Dummerweise hatte Watson nicht auf dem Schirm, dass er den genauen Lerneffekt nicht kontrollieren konnte: Albert übertrug seine neu konditionierte Angst vor Ratten auf alle pelzigen Dinge, inklusive Pelzmäntel und ähnliches. Ob er davon jemals geheilt wurde?
Operante Konditionierung
Die klassische Konditionierung hatte natürliche Reaktionen an neue Reize gebunden: Sabbern oder Angst ist zunächst natürlich; erst durch die Bindung an einen neuen Reiz – an ein Glöckchen oder an pelzige Lebewesen – wird eine konditionierte Reaktion daraus.
Ein berühmtes Experiment, das darüber hinaus ging, war das von Skinner: Er brachte Ratten bei, auf einen bestimmten Knopf zu drücken, um eine Belohnung zu erhalten; das bedeutet, es wurde nicht nur Reiz und Reaktion verbunden, sondern die Ratten mussten selbst ein Verhalten initiieren, dem dann erst die Reaktion folgte. Auf ähnliche Weise brachte er Tauben bei, abergläubisch zu werden und – im zweiten Weltkrieg – Raketen zu steuern. Diese Form der Konditionierung war nun an bestimmte Eigenaktivitäten – zum Beispiel das Drücken auf einen vorhandenen Knopf, der das Futter aktiviert – gebunden, weshalb er sie operant nannte.
Die operante Konditionierung hat letztlich vier Techniken hervorgebracht, wie Verhalten verändert werden kann:
- positive Verstärkung: Durch einen angenehmen Reiz (z.B. ein Lob, ein Stück Schokolade…) wird eine Handlungsweise verstärkt.
- negative Verstärkung: Durch die Wegnahme eines unangenehmen Reizes (z.B. Erlassen einer Strafe, Konsum einer Schmerztablette) wird eine Handlungsweise verstärkt.
- Löschen durch Ignorieren: Durch das Ignorieren einer Handlung (z.B. Lehrer reagiert nicht auf Provokation eines Schülers) kann diese gelöscht werden, da Ignorieren eine soziale Bestrafung darstellt.
- Löschen durch Bestrafen: Durch das Bestrafen einer Handlung (z.B. Nachsitzen, nachdem ein Schüler Kreide geworfen hat) kann diese gelöscht werden.
Stellvertretende Konditionierung
Konditionierung funktioniert nicht nur an einer Person selbst, sondern auch durch das Zuschauen. Auch das hat man an Kindern ausprobiert: Ihnen wurde ein Film vorgespielt, in dem ein Mann eine Puppe gequält und geschlagen wurde. Der Film hatte allerdings verschiedene Enden: in dem einen wurde der Mann am Ende gelobt, in dem anderen wurde er für sein Verhalten bestraft. Dann wurden die Kinder in ein Spielzimmer gebracht, in dem sie mit genau dieser Puppe spielen durften. Erstaunlich viele Kinder spielten die Szene ziemlich genau nach; diejenigen, die das Belohnungs-Ende gesehen hatten, ganz besonders gern.
Konditionierung in der Schule
Der Behaviorismus ist inzwischen weitgehend überholt. Trotzdem lassen sich einige Erkenntnisse immer noch sinnvoll auf die Schule übertragen.
Wer bestimmte Verhaltensweisen in seiner Klasse einführen möchte, kann diese konditionieren. Wichtig ist dabei Konsequenz: Konditionierung eines völlig neuen Verhaltens funktioniert nur, wenn sie strikt durchgehalten wird. Sobald das Verhalten eingeschliffen ist, kann (und muss) das dazugehörige Lob deutlich seltener werden.
Ein Beispiel: Wenn ich in einer neuen Lateinklasse unterrichte, möchte ich, dass die Schüler sich angewöhnen, ihre Übersetzung nicht aus dem Heft vorzulesen, sondern am lateinischen Text zu rekonstruieren. Um das zu erreichen, muss in den ersten Wochen mit eiserner Disziplin darauf geachtet werden und jeder Verstoß sofort unterbrochen werden. Wer dagegen die Regel richtig anwendet, wird gelobt. Nach einigen Wochen funktioniert dies bei den meisten Schülern, sodass ich nur noch gelegentlich lobe.
Die Konditionierungstheorie ist eine stark simplifizierte Darstellung von Lernprozessen, aber sie ist gerade deshalb im Alltag nach wie vor überall präsent und sehr nützlich, da sie leicht verständlich und im Schulalltag gut anwendbar ist.
Ungewollte Konditionierungen
Konditionierung funktioniert, wie oben schon einmal angedeutet, längst nicht immer bewusst und noch seltener zielgerichtet. Das bedeutet, dass Konditionierungseffekte auch in eine Katastrophe führen können.
Ein klassisches Problem ist die Schulangst. Ein Schüler, der Angst vor der Schule hat, und deshalb die Schule schwänzt, belohnt sich durch dieses Verhalten selbst: Der unangenehme Reiz Schule ist verschwunden, und sein Verhalten wurde negativ verstärkt, sodass er jetzt öfter die Schule schwänzen wird.
Ähnlich sieht es mit der Prüfungsangst aus: Wer vor einer Klausur in Panik verfällt, kann keine vernünftigen Leistungen erbringen. Der Schüler hat sich trotz seiner Angst hingeschleppt. Geht nun die Klausur vor lauter Panik völlig schief, wird er für seinen Mut, trotzdem hinzugehen, durch eine schlechte Note und scharfe Ermahnungen des Lehrers bestraft; der Schüler wird künftig noch mehr Angst vor Prüfungen haben.
Hallo liebe Lateinlehrer, ich hatte nie Latein-bin Kunstlehrer mit mäßiger Sprachbegabung ( Tibetisch) geworden.
Irgendwann habe ich ein Pferd, das schon in einem Schlachthaus gewesen ist, und dabai knapp dem Tod entrann, geschenkt bekommen. Das Tier hatte den Menschen von seiner unangenehmsten und gefährlichsten Seite kennengelernt. Das Verhalten des hübschen Knabstruppers war sozusagen sprunghaft und lebensgefährlich. Aus der Not heraus fanden wir eine Methode bei Monty Roberts, und Andrea Kutsch. Das Tier konnte durch Join -Up Prozesse sozialisiert werden. Diese Funktionieren auch in der Schule, etwa wenn ein Schüler einen anderen Schüler mobbt, und der Lehrer physisch zwischen die beiden Schüler geht und somit durch seine Körperhaltung beim Agressor einen Fluchtinstikt auslöst. Weder die Videos bei Monty Roberts – noch die Interaktion mit dem Schüler…können auf die beiden Prinzipien Belohnen und Bestrafen reduziert werden. Jedes Verhalten das ausgelöst wird bietet dem Anderen gewissen Raum um seine Angstimpulse zu verarbeiten. Der Join Up Prozess endet indem das Pferd lernt einen einzigen Schritt rückwärts zu gehen, wenn der Trainer mit bestimmter Handhaltung auf das Tier zugeht. Damit zeigt es, dass es bereit ist den Trainer als Chef zu akzeptieren. Ein mobbender, agressiver Schüler empfindet nun diesen einen Schritt vor 30 Mitschülern subjektiv als 30 Schritte zurück.
Das ist interessant nicht wahr? Bitte schauen sie sich die Filme auf der Seite von Monty Roberts an und teilen Sie mir mit- wie man das bei agressivem Verhalten in der Schule umsetzen könnte. Die Körperhaltung, insbesondere die Schultern und der Blickkontakt des Lehrers sind wesentliche nonverbale Kommunikationselemente.