Niobe, die mit einem thebanischen König verheiratet war, hatte sieben Söhne und sieben Töchter. Vierzehn Kinder klingen heute völlig irre, aber auch damals waren das ziemlich viele. Entsprechend war Niobe total stolz darauf und wie das in den Mythen meistens so ist, wurde sie etwas übermütig. Wahrscheinlich war sie auch etwas durch den Wind – wer zwei Kinder großgezogen hat, kann sich vermutlich vorstellen, wie sich jemand mit vierzehn solchen Quälgeistern fühlt – und beschloss in einem Anflug von königlichem Blödsinn, dass Götter, die weniger Kinder hätten als sie, in ihrer Stadt eigentlich nicht mehr verehrt werden bräuchten.
Dummerweise war nun die Stadtgöttin von Theben eine gewisse Titanin namens Leto, die nur zwei Kinder hatte, nämlich Apoll und Artemis. Und wie Götter in der Antike so waren, war Leto ziemlich beleidigt, als die Thebaner sie nicht mehr anbeten durften (oder wollten, das weiß man nicht so genau). Nun war Leto eine ziemlich manipulative Mutter, die ihre Probleme nicht selber lösen, sondern lieber ihre Kinder schicken wollte. Jedenfalls schickte die beleidigte Leto ihre beiden Kinder mit Pfeil und Bogen auf die Erde runter und sagte sinngemäß zu ihnen: „Schaut mal, was ihr da machen könnt.“
Apoll und Artemis waren zwar nicht die hellsten Götter der Welt, aber den Wink mit dem Zaunpfahl verstanden sie. Ein paar Minuten später waren sämtliche Kinder Niobes tot.
Warum eigentlich die Kinder und nicht Niobe selbst? Das ist ziemlich „typisch altgriechisch“. Die Griechen hatten dafür sogar ein eigenes Wort: „Blutrache“. Das bedeutete, man rächte sich nicht an demjenigen, der selbst schuld war, sondern an irgendwelchen Verwandten, am besten an den Kindern oder Eltern. Um das zu verhindern, hat irgendwann ein gewisser Drakon „drakonische“ Gesetze eingeführt. Aber die Griechen fanden die Idee weiterhin prima – und erzählten sich den Niobe-Mythos noch lange.
Schreibe gerade eine Seminararbeit über Niobe, komme aber nicht weiter . Ich weiß nicht wie ich es angehen soll. Wie komme ich an die richtige Literatur heran. Ich würde mich über eine Unterstützung sehr freuen.
Lena
Der Mythos erzählt keinen Tatsachenbericht oder Faktencheck, sondern verweist auf den Grund oder das Selbstverständnis des Bewußtseins, dem ein Handeln oder Verhaltens entspringt: wie muß das Selbstverständnis der Niobe verfaßt sein, daß sie die Anzahl ihrer Kinder und nicht jedes Kind je für sich zum Kriterium von ‚Ehre einer Mutter‘ setzt? Niobe setzt die Abstraktion der Zahl in die absolute Position als Kriterium von Bedeutung und Dignität einer Mutter – und nicht das so ganz je einzelne, individuelle Kind. Niobe negiert das Wirkliche und Wahre – ihrer Kinder; sie schätzt sie nur über die Abstraktion der Anzahl: Niobe hat jedes ihrer Kinder schon immer als ein Nichtiges negiert! (nach dem Verlust ihrer Söhne pocht Niobe auf die noch immer größere Anzahl ihrer Kinder gegenüber der Anzahl der Kinder der Latona ~ Leto: die Anzahl ist Niobe wesentlich, nicht das je einzelne Kind!) Artemis und Apollon offenbaren das Wahre des Selbstverständnisses der Niobe und vollziehen es in concreto vors Bewußtsein der Niobe: die Nichtigkeit der Kinder qua wirkliches, konkretes, individuelles Leben!
Hi,
super Seite!
Wenn ihr noch mehr über die römische (griechisch-römische) Mythologie einstellen könntet, wäre das toll. Da weiß man dann, dass die Info, die man bekommt, richtig ist („Lateinlehrer.net“ 🙂 ).
Wir freuen uns darauf, unser Wissen zu vermehren! Danke!!
LG Rosmarie