Sermo 2, 8

‚Ut Nasidieni iuvit te cena beati?
nam mihi quaerenti convivam dictus here illic
de medio potare die.‘ ’sic, ut mihi numquam
in vita fuerit melius.‘ ‚da, si grave non est,
quae prima iratum ventrem placaverit esca.‘ 5
„Wie hat dir das Abendessen beim wohlhabenden Nasidienus gefallen?
Denn als ich gestern nach einem Gast suchte, wurde mir gestern gesagt, dort
wärst du schon seit Mittag am Trinken.“ „So, dass es mir niemals
im Leben besser gegangen ist.“ „Sag, wenn es keine Mühe macht,
welche Speise dir als erste den hungrigen Magen beruhigt hat.“

‚in primis Lucanus aper: leni fuit austro
captus, ut aiebat cenae pater: acria circum
rapula, lactucae, radices, qualia lassum
pervellunt stomachum, siser, allec, faecula Coa.
„Zuerst der lukanische Eber: Unter sanftem Südwind
gefangen, wie der, der das Essen gab, sagte: um uns herum waren scharfe
Rettiche, Salate, Wurzeln, Dinge, die den mühen
Bauch aufrütteln, Rapunzel, Fischbrühe, und Weinsteinsalz aus Coa.

his ut sublatis puer alte cinctus acernam 10
gausape purpureo mensam pertersit et alter
sublegit quodcumque iaceret inutile quodque
posset cenantis offendere, ut Attica virgo
cum sacris Cereris procedit fuscus Hydaspes
Caecuba vina ferens, Alcon Chium maris expers. 15
Nachdem diese Dinge entfernt waren, putzte ein Sklave, hoch gegürtet,
den ahornhölzernen Tisch mit einem purpurnen Fries und ein anderer
sammelte auf, was immer nutzlos herunterfiel, und was
er die Speisenden stören könnte, als die attische Jungfrau
mit den Insignien der Ceres hervortrat und der dunkelhäutige Hydaspes
caecubische Weine bringt, und Alcon den Chierwein, der das Meer nie gesehen hat.

hic erus „Albanum, Maecenas, sive Falernum
te magis adpositis delectat, habemus utrumque.“‚
‚divitias miseras! sed quis cenantibus una,
Fundani, pulcre fuerit tibi, nosse laboro.‘
Hier sagte der Herr: ‚Wenn dich, Maecenas, Albaner oder Falerner
mehr als die angebotenen Weine erfreut, wir haben beide da.'“
„Elendiger Reichtum! Aber mit welche Speisenden du gemeinsam
dort warst, Fundanus, das möchte ich wissen.“

’summus ego et prope me Viscus Thurinus et infra, 20
si memini, Varius; cum Servilio Balatrone
Vibidius, quos Maecenas adduxerat umbras.
„Ganz oben lag ich und neben mir Viscus Thurinus und daneben,
wenn ich mich richtig erinnere, der Varius; und bei Servilius dem Schwätzer
lag der Vibidius, die beide Maecenas wie seine Schatten mitgebracht hatte.

Nomentanus erat super ipsum, Porcius infra,
ridiculus totas semel absorbere placentas;
Nomentanus ad hoc, qui, siquid forte lateret, 25
indice monstraret digito;
Nomentanus war vor diesem, Porcius hinter ihm,
und witzig verschlang er die ganzen Kuchen auf einmal;
und Nomentanus zeigte darüber hinaus, sollte zufällig etwas unbemerkt bleiben,
mit dem Zeigefinger darauf;

nam cetera turba,
nos, inquam, cenamus avis, conchylia, piscis,
longe dissimilem noto celantia sucum,
ut vel continuo patuit, cum passeris atque
ingustata mihi porrexerit ilia rhombi. 30
denn die restliche Schar,
wir, meine ich, aßen Vögel, Muscheln, Fische,
die einen von uns Bekanntem unterschiedlichen Geschmack enthalten,
und das war sozusagen sofort klar, weil er Sperlings- und
Butteingeweide mir hinhielt, die ich noch nie geschmeckt hatte.

post hoc me docuit melimela rubere minorem
ad lunam delecta. quid hoc intersit, ab ipso
audieris melius.
Danach lehrte er mich, dass Honigäpfel rot werden,
wenn sie bei dunklem Mond gepflückt hat. Was das für einen Unterschied macht, kannst du dir
bei ihm selbst besser anhören.

tum Vibidius Balatroni
„nos nisi damnose bibimus, moriemur inulti,“
et calices poscit maiores.
Darauf sagte Vibidius zu Balatro:
‚Wenn wir uns nicht schrecklich besaufen, sterben wir ungerächt“,
und verlangte nach größeren Bechern.

vertere pallor 35
tum parochi faciem nil sic metuentis ut acris
potores, vel quod maledicunt liberius vel
fervida quod subtile exsurdant vina palatum.
Da zieht Blässe
auf des Wirtes Gesicht, der nichts so fürchtet, wie schwere
Trinker, weil sie offener beleidigen, oder weil
der glühende Weindunst den empfindlichen Gaumen betäubt.

invertunt Allifanis vinaria tota
Vibidius Balatroque secutis omnibus: imi 40
convivae lecti nihilum nocuere lagoenis.
Ganze allifanische Weinkrüge kippen
Vibidius und der Schwätzer, und alle folgen ihnen: die Gäste
auf den untersten Liegen haben den Weinflaschen nicht geschadet.

adfertur squillas inter murena natantis
in patina porrecta. sub hoc erus „haec gravida“ inquit
„capta est, deterior post partum carne futura.
his mixtum ius est: oleo, quod prima Venafri 45
pressit cella; garo de sucis piscis Hiberi;
Es wird eine Muräne mit Krebsen hereingebracht, die
in einer langen Pfanne schwimmen. Da sagt der Herr: ‚Diese wurde schwanger
gefangen, nach der Geburt wird sie von schlechterem Fleische sein.
Aus folgenden Dingen ist die Soße gemischt: aus Öl, das der erste Keller des
Venafrius gepresst hat; aus einer Soße von spanischem Fischsaft;

vino quinquenni, verum citra mare nato,
dum coquitur—cocto Chium sic convenit, ut non
hoc magis ullum aliud—; pipere albo, non sine aceto,
quod Methymnaeam vitio mutaverit uvam. 50
aus fünfjährigem Wein, auf dieser Seite des Meeres gekeltert,
während sie kocht – zur Gekochten passt Chierwein so gut, wie kein
anderer es besser tun könnte -; aus weißem Pfeffer, nicht ohne Essig,
der die Traube mit der Eigenheit des Methymnas verändert hat.

erucas viridis, inulas ego primus amaras
monstravi incoquere; inlutos Curtillus echinos,
ut melius muria quod testa marina remittat.“
Frische Kohlraupen und bitteren Alant habe ich als erster
zu kochen gelehrt; ungewaschene Seeigel der Curtillus,
dass besser als Salzlake ist, was die Meeresabfälle zurücklassen.

interea suspensa gravis aulaea ruinas
in patinam fecere, trahentia pulveris atri 55
quantum non Aquilo Campanis excitat agris.
Inzwischen haben die aufgehängten Teppiche einen schweren
Sturz auf die Tischplatte vollführt, an schwarzem Staub mehr mit sich ziehend,
als ein Windstoß in den campanischen Ländereien aufscheucht.

nos maius veriti, postquam nihil esse pericli
sensimus, erigimur; Rufus posito capite, ut si
filius inmaturus obisset, flere. quis esset
finis, ni sapiens sic Nomentanus amicum 60
tolleret: „heu, Fortuna, quis est crudelior in nos
te deus? ut semper gaudes inludere rebus
humanis!“
Wir fürchteten Größeres, und nachdem wir bemerkten, dass keine Gefahr
bestand, standen wir auf; Rufus jedoch weinte mit gesenktem Kopf, als ob
ihm sein Sohn vor der Zeit gestorben wäre. Was wäre das für ein Ende
gewesen, wenn nicht der weise Nomentanus den Freund so wieder aufgerichtet
hätte: ‚Ach, Fortuna, welcher Gott ist grausamer zu uns als
du? Wie du dich immer daran freust, den menschlichen Angelegenheiten
zu spotten!‘

Varius mappa conpescere risum
vix poterat. Balatro suspendens omnia naso
„haec est condicio vivendi“ aiebat, „eoque 65
responsura tuo numquam est par fama labori.
Varius konnte mit einer Serviette sein Lachen
kaum unterdrücken. Balatro, der über alles die Nase rümpft,
sagte: ‚Das ist das Los des Lebens, und deswegen
wird niemals ein Ruf, der deine Bemühungen aufgreift, angemessen sein.

tene, ut ego accipiar laute, torquerier omni
sollicitudine districtum, ne panis adustus,
ne male conditum ius adponatur, ut omnes
praecincti recte pueri comptique ministrent. 70
So wie du dich quälst, damit ich stattlich empfangen werde, von jeder
Aufregung angespannt, dass das Brot nicht anbrennt,
dass keine schlecht gewürzte Soße hingestellt wird, dass alle
Sklaven richtig gekleidet sind und frisiert ihren Dienst versehen.

adde hos praeterea casus, aulaea ruant si,
ut modo; si patinam pede lapsus frangat agaso.
sed convivatoris, uti ducis, ingenium res
adversae nudare solent, celare secundae.“
Dazu außerdem noch diese Zufälle, wenn die Teppiche herunterfallen,
wie gerade; wenn ein Ungeschickter mit dem Fuß stolpert und eine Schale zerbricht.
Aber das Unglück des Gastgebers, wie das des Feldherren, pflegt, die Begabung
zu enthüllen, das Glück dagegen pflegt, sie zu verbergen.‘

Nasidienus ad haec „tibi di, quaecumque preceris, 75
commoda dent: ita vir bonus es convivaque comis“
et soleas poscit. tum in lecto quoque videres
stridere secreta divisos aure susurros.‘
Dazu sagte Nasidienus: ‚Dir mögen die Götter, welche immer du verehrst,
Annehmlichkeiten schenken: so ein guter Mann und so ein netter Gastgeber bist du.‘
Und dann verlangt er seine Sandalen. Daraufhin hättest du sehen können, wie auf allen Betten
das Flüstern zischelte, geteilt durch hingestrecktes Ohr.“

’nullos his mallem ludos spectasse; sed illa
redde age quae deinceps risisti.‘ ‚Vibidius dum 80
quaerit de pueris, num sit quoque fracta lagoena,
quod sibi poscenti non dentur pocula, dumque
ridetur fictis rerum Balatrone secundo,
Nasidiene, redis mutatae frontis, ut arte
emendaturus fortunam;

„Kein Zirkusspiel hätte ich lieber gesehen als das; aber sag, über was
du danach noch gelacht hast.“ „Während Vibidius die Sklaven
fragte, ob auch der Weinkrug zerbrochen sei,
weil ihm, als er danach verlangte, keine Becher gebracht wurden, und während
über die Witze des wohlgesonnenen Schwätzers lacht,
kommst du, Nasidienus, mit verändertem Gesichtsausdruck zurück, damit du
das Schicksal durch deine Kunst verbessern wirst;

deinde secuti 85
mazonomo pueri magno discerpta ferentes
membra gruis sparsi sale multo non sine farre,
pinguibus et ficis pastum iecur anseris albae
et leporum avolsos, ut multo suavius, armos,
quam si cum lumbis quis edit.
fDarauf folgten
die Sklaven und trugen auf einer großen Essschüssel die zerpflückten
Glieder eines Kranichs, mit viel Salz und etwas Mehl bestreut,
eine Leber einer mit saftigen Feigen gefütterten, weißen Gans
und zerteilte Hasenschultern, weil sie so viel leckerer sind,
als wenn man sie mit den Lenden isst.

tum pectore adusto 90
vidimus et merulas poni et sine clune palumbis,
suavis res, si non causas narraret earum et
naturas dominus; quem nos sic fugimus ulti,
ut nihil omnino gustaremus, velut illis
Canidia adflasset, peior serpentibus Afris.‘
Dann sahen wir, wie an der Brust geröstete
Amseln hingestellt wurden und Tauben ohne Schnabel,
leckere Dinge, wenn nicht der Hausherr ihre Ursachen und
ihre Naturen beschreiben würde; vor dem flüchteten wir uns und rächten uns dadurch,
dass wir garnichts probierten, als ob sie nach
der Canidia dufteten, die schlechter ist als die Schlangen in Afrika.“

Schreib einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.