Vokabeltrainer-Version 1.4

Hi,

die Version 1.4 des Vokabeltrainers ist nun online. Sie enthält folgende Neuerungen:

  • neue Optionen und Einstellungsmöglichkeiten für verschiedene Bereiche
  • konfigurierbares Erscheinungsbild
  • Flexibilisierung des Abfrage-Verhaltens

Solltet ihr Fehler finden, meldet diese bitte per Email.

Eine genaue Beschreibung der neuen Funktionen wird demnächst unter dem Menüpunkt „Vokabeltrainer“ nachgeliefert.

Probleme mit dem Vokabeltrainer

Fehlermeldungen: im Prinzip ganz hilfreich, aber sehen will sie trotzdem keiner.

Hallo,

aufgrund einer Änderung im Programmcode kam es heute zu ein paar fehlgeschlagenen Anmeldungen. Dabei unterschied die Benutzertabelle zwischen Groß- und Kleinschreibung, während die Benutzerdatenbank dies nicht tut. Dadurch wurden Benutzernamen, die Großbuchstaben enthalten, falsch angelegt und konnten keine Vokabeln importieren oder eingeben.

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Wo sind die alten Texte hin?

Cicero: Mit dieser Sonnenbrille ist es kein Wunder, wenn man zum Konsul gewählt wird. (gemeinfrei)

Hallo,

da bereits einige Leute sich erkundigt haben, warum Links bei Google und anderen Suchmaschinen nicht mehr funktionieren, habe ich für die größten Texte eine Umleitung der alten Adresse eingebaut. Wenn du auf der Startseite gelandet bist, obwohl du einen bestimmten Text aufrufen wolltest, findest du ihn unter „Texte und Übersetzungen“ unter dem Namen des jeweiligen Autors wieder.

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De coniuratione Catilinae 26 – 30

Zu diesem Werk gibt es ein Spezialvokabular zur Vorbereitung.

[26] His rebus conparatis Catilina nihilo minus in proxumum annum consulatum petebat sperans, si designatus foret, facile se ex voluntate Antonio usurum. Neque interea quietus erat, sed omnibus modis insidias parabat Ciceroni. Neque illi tamen ad cavendum dolus aut astutiae deerant. Namque a principio consulatus sui multa pollicendo per Fulviam effecerat, ut Q. Curius, de quo paulo ante memoravi, consilia Catilinae sibi proderet; ad hoc collegam suum Antonium pactione provinciae perpulerat, ne contra rem publicam sentiret; circum se praesidia amicorum atque clientium occulte habebat. Postquam dies comitiorum venit et Catilinae neque petitio neque insidiae, quas consulibus in campo fecerat, prospere cessere, constituit bellum facere et extrema omnia experiri, quoniam, quae occulte temptaverat, aspera foedaque evenerant. Nachdem diese Dinge vorbereitet waren, erstrebte Catilina nichtsdestoweniger das Konsulat im nächsten Jahr und hoffte, wenn er gewählt würde, werde er an diesem leicht ein gefügiges Werkzeug haben. Aber er war inzwischen nicht untätig gewesen, sondern hatte dem Cicero mit allen Mitteln Fallen gestellt. Und diesem fehlten weder die Listigkeit noch die Schlauheit, sich davor zu hüten. Denn von Anfang seines Konsulats an hatte er durch viele Versprechungen Fulvia dazu gebracht, dass Quintus Curius, den ich kurz zuvor erwähnt habe, ihm Catilinas Pläne verraten hatte; zusätzlich hatte er seinen Kollegen Antonius durch ein Abkommen über eine Provinz dazu gedrängt, dass er keine feindselige Gesinnung gegen den Staat hege; um sich hatte er seine Freunde als und seine Klienten heimlichen Schutz. Nachdem der Tag der Wahlen gekommen war und sowohl Catilinas Bewerbung als auch seine Fallen, die er den Konsuln auf dem Marsfeld gestellt hatte, nicht wie gewünscht erfolgreich gewesen waren, beschloss er, den Krieg zu beginnen und die letzten Mittel zu versuchen, da ja die Dinge, die er heimlich zu tun versucht hatte, vergeblich und peinlich ausgegangen waren.
[27] Igitur C. Manlium Faesulas atque in eam partem Etruriae, Septimium quendam Camertem in agrum Picenum, C. Iulium in Apuliam dimisit, praeterea alium alio, quem ubique opportunum sibi fore credebat. Also schickte er den Gaius Manlius nach Faesulae und in diesen Teil Etruriens, einen gewissen Septimus Camertes auf das pikenische Land, den Gaius Iulius nach Apulien, außerdem andere anderswohin, wo auch immer er dachte, dass einer ihm dort von Nutzen sein würde.
Interea Romae multa simul moliri: consulibus insidias tendere, parare incendia, opportuna loca armatis hominibus obsidere; ipse cum telo esse, item alios iubere, hortari, uti semper intenti paratique essent; dies noctisque festinare, vigilare, neque insomniis neque labore fatigari. Postremo, ubi multa agitanti nihil procedit, rursus intempesta nocte coniurationis principes convocat per M. Porcium Laecam ibique multa de ignavia eorum questus docet se Manlium praemisisse ad eam multitudinem, quam ad capiunda arma paraverat, item alios in alia loca opportuna, qui initium belli facerent, seque ad exercitum proficisci cupere, si prius Ciceronem oppressisset; eum suis consiliis multum officere. Zwischenzeitlich setzte er in Rom vieles zugleich in Bewegung: den Konsuln stellte er Fallen, bereitete Brandstiftung vor, besetzte geeignete Orte mit bewaffneten Leuten; selbst trug er die Waffe, befahl es ebenso anderen, und ermahnte sie, dass sie immer gerüstet und kampfbereit sein sollten; Tag und Nacht eilte er umher, blieb wach, und wurde weder durch Müdigkeit noch durch Mühe erschöpft. Als für ihn trotz der vielen Schupfterei nichts vorankam, ließ er wiederum in einer stürmischen Nacht die Anführer der Verschwörung durch Marcus Porcius Laeca zusammen rufen und dort spricht er unter Klage viel über die Faulheit dieser Leute und erklärt, dass er Manlius zu der Menge vorgeschickt hat, die er vorbereitet hatte, um die Waffen zu ergreifen, und dass er ebenso andere an anderen geeignete Orte geschickt hat, die den Krieg beginnen würden, und dass er zum Heer vorstoßen wolle, wenn er nur erst den Cicero niedergeworfen hätte; jener sei seinen Machenschaften sehr hinderlich.
[28] Igitur perterritis ac dubitantibus ceteris C. Cornelius eques Romanus operam suam pollicitus et cum eo L. Vargunteius senator constituere ea nocte paulo post cum armatis hominibus sicuti salutatum introire ad Ciceronem ac de inproviso domi suae inparatum confodere. Curius ubi intellegit, quantum periculum consuli inpendeat, propere per Fulviam Ciceroni dolum, qui parabatur, enuntiat. Ita illi ianua prohibiti tantum facinus frustra susceperant. Interea Manlius in Etruria plebem sollicitare egestate simul ac dolore iniuriae novarum rerum cupidam, quod Sullae dominatione agros bonaque omnis amiserat, praeterea latrones cuiusque generis, quorum in ea regione magna copia erat, nonnullos ex Sullanis coloniis, quibus lubido atque luxuria ex magnis rapinis nihil reliqui fecerat. Da versprach – während die übrigen Leute erschrocken und zögerlich waren – in Gaius Cornelius, ein römischer Ritter, seine Arbeit zu tun, und er und Lucius Vargunteius, ein Senator, beschlossen, in jener Nacht wenig später mit Bewaffneten – wie zur Aufwartung – bei Cicero einzukehren und den Unvorbereiteten zuhause und unvorhergesehen zu erstechen. Als Curius erfuhr, was für eine große Gefahr dem Konsul drohte, beeilte er sich, Cicero diesen Anschlag, der vorbereitet wurde, durch Fulvia melden zu lassen. So wurden sie schon an der Tür abgewiesen und unternahmen dieses große Verbrechen vergeblich. Inzwischen versuchte Manlius in Etrurien, den Pöbel aufzumischen, der zugleich wegen seiner Armut und wegen seiner Trauer gierig nach einem Umsturz war, weil er nach Sullas Herrschaft allen Land- und Güterbesitz verloren hatte; außerdem auch Straßenräuber jeder Art, von denen es in dieser Gegend eine große Fülle gab, und einige aus den sullanischen Kolonien, deren Gier und Verschwendungssucht dafür gesorgt hatten, dass von ihrem großen Raubreichtum nichts übrig geblieben war.
[29] Ea cum Ciceroni nuntiarentur, ancipiti malo permotus, quod neque urbem ab insidiis privato consilio longius tueri poterat, neque exercitus Manli quantus aut quo consilio foret satis compertum habebat, rem ad senatum refert iam antea vulgi rumoribus exagitatam. Itaque, quod plerumque in atroci negotio solet, senatus decrevit darent operam consules ne quid res publica detrimenti caperet. Ea potestas per senatum more Romano magistratui maxuma permittitur: exercitum parare, bellum gerere, coercere omnibus modis socios atque civis, domi militiaeque imperium atque iudicium summum habere; aliter sine populi iussu nullius earum rerum consuli ius est. Als diese Dinge Cicero gemeldet wurden, war er zutiefst erschrocken über dieses zweigestaltige Übel, weil er weder die Stadt auf eigene Faust vor diesen Plänen länger schützen konnte, noch genau genug erfahren hatte, wie groß das Heer des Manlius war oder welche Pläne es verfolgte. Daher trug er die Sache vor dem Senat vor, der schon zuvor durch die Gerüchte unter den Leuten schwer aufgeregt worden war. Deshalb – wie er es meistens bei blutigen Angelegenheiten zu tun pflegt – entschied der Senat, dass die Konsuln zusehen sollten, dass der Staat keinen Schaden davontrage. Jene größte Befehlsgewalt wurde durch den Senat nach römischer Sitte dem Beamten anvertraut: ein Heer aufzustellen, Krieg zu führen, die Bundesgenossen und Bürger mit allen Mitteln zu beherrschen, zuhause und im Krieg höchste Befehls- und Gerichtsgewalt zu führen. Anders sind diese Dinge – ohne Auftrag des Volkes – für einen Konsul nicht rechtlich möglich.
[30] Post paucos dies L. Saenius senator in senatu litteras recitavit, quas Faesulis adlatas sibi dicebat, in quibus scriptum erat C. Manlium arma cepisse cum magna multitudine ante diem VI. Kalendas Novembris. Simul, id quod in tali re solet, alii portenta atque prodigia nuntiabant, alii conventus fieri, arma portari, Capuae atque in Apulia servile bellum moveri. Wenige Tage später las der Senator Lucius Saenius im Senat einen Brief vor, von dem er sagte, er sei ihm aus Faesulae zugetragen worden, in dem geschrieben stand, dass Gaius Manlius mit einer großen Menge am Tag vor den 6. Kalenden des Novembers zu den Waffen gegriffen habe. Zugleich – wie es bei solchen Angelegenheiten zu geschehen pflegt – berichteten andere über Wunder und Vorzeichen, andere, dass Versammlungen stattfänden, dass Waffen umhergeschleppt würden, und dass die Sklavenschaft Capuas und in Apulien zum Krieg aufgebracht würde.
Igitur senati decreto Q. Marcius Rex Faesulas, Q. Metellus Creticus in Apuliam circumque ea loca missi—hi utrique ad urbem imperatores erant, impediti ne triumpharent calumnia paucorum, quibus omnia honesta atque inhonesta vendere mos erat—sed praetores Q. Pompeius Rufus Capuam, Q. Metellus Celer in agrum Picenum eisque permissum uti pro tempore atque periculo exercitum conpararent. Ad hoc, si quis indicavisset de coniuratione quae contra rem publicam facta erat, praemium servo libertatem et sestertia centum, libero inpunitatem eius rei et sestertia ducenta itemque decrevere uti gladiatoriae familiae Capuam et in cetera municipia distribuerentur pro cuiusque opibus, Romae per totam urbem vigiliae haberentur eisque minores magistratus praeessent. Daher wurden auf Dekret des Senats der Quintus Marcius Rex nach Faesulae und der Quintus Metellus Creticus nach Apulien und in die Gegend um Apulien herum geschickt – jene beiden lagen mit Heeren vor der Stadt und wurden durch die Schurkereien weniger Leute, die es gewohnt waren, alle Ehren und Ehrlosigkeiten zu verkaufen, daran gehindert, zu triumphieren – aber die Praetoren Quintus Pompeius Rufus nach Capua und Quintus Metellus Celer auf das pikenische Land, denen es auf Zeit und wegen der Gefahr erlaubt wurde, dass sie ein Heer aufstellten. Zudem wurde als Lohn beschlossen, wenn jemand über die Verschwörung aussagte, die gegen den Staat begangen wurde, für einen Sklaven die Freiheit und hunderttausend Sesterzen, und für einen Freien die Straffreiheit in dieser Sache und zweihunderttausend Sesterzen. Ebenso beschlossen sie, dass Gladiatorentruppen nach Capua und in die übrigen Munizipien verteilt werden sollten, um ihre jeweiligen Kampftruppen zu stärken, und dass in der ganzen Stadt Rom Wache gehalten werden sollte und die niederen Beamten dafür verantwortlich sein sollten.

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De coniuratione Catilinae 11 – 15

Zu diesem Werk gibt es ein Spezialvokabular zur Vorbereitung.

[11] Sed primo magis ambitio quam avaritia animos hominum exercebat, quod tamen vitium propius virtutem erat. Nam gloriam, honorem, imperium bonus et ignavus aeque sibi exoptant; sed ille vera via nititur, huic quia bonae artes desunt, dolis atque fallaciis contendit. Avaritia pecuniae studium habet, quam nemo sapiens concupivit: ea quasi venenis malis inbuta corpus animumque virilem effeminat, semper infinita, insatiabilis est, neque copia neque inopia minuitur. Sed postquam L. Sulla armis recepta re publica bonis initiis malos eventus habuit, rapere omnes, omnes trahere, domum alius, alius agros cupere, neque modum neque modestiam victores habere, foeda crudeliaque in civis facinora facere. Huc accedebat, quod L. Sulla exercitum, quem in Asia ductaverat, quo sibi fidum faceret, contra morem maiorum luxuriose nimisque liberaliter habuerat. Loca amoena, voluptaria facile in otio ferocis militum animos molliverant. Ibi primum insuevit exercitus populi Romani amare, potare, signa, tabulas pictas, vasa caelata mirari, ea privatim et publice rapere, delubra spoliare, sacra profanaque omnia polluere. Igitur ii milites, postquam victoriam adepti sunt, nihil reliqui victis fecere. Quippe secundae res sapientium animos fatigant: ne illi corruptis moribus victoriae temperarent. Aber anfangs beschäftigte eher Ehrgeiz als Geldgier die Herzen der Menschen, weil dieser Makel noch näher an der Tugend war. Denn Ruhm, Ehre und Herrschaft wünschten sich der Gute und der Unfähige gleichermaßen; aber der eine bemühte sich um den rechten Weg, und weil dem anderen die guten Fähigkeiten fehlten, bemühte er sich durch Listen und Betrügereien. Gier nach Geld, welche niemand, der Weise ist, ernstlich würnschen kann, besitzt „Eifer“: sie verweichlicht den Körper und das männliche Herz, als sei sie mit üblem Gift getränkt, ist immer endlos und maßlos und weder durch Reichtum noch durch Armut wird sie vermindert. Aber nachdem Lucius Sulla den Staat durch Waffengewalt beherrscht hatte und nach guten Anfängen schlechte Ergebnisse hervorgebracht hatte, plünderten alle, rafften alles an sich, begehrten des einen Haus, des anderen Land, Sieger kannten weder Maß noch Mäßigung, und hässliche und grausame Verbrechen begingen sie gegen die Bürger. Dem kam noch hinzu, dass Lucius Sulla das Heer, das er nach Asien geführt hatte, um sich seiner Treue zu versichern, gegen die Sitte der Vorfahren ausschweifend und zu freizügig führte. Schöne Orte und Vergnügen erweichten die wilden Herzen der Soldaten in Muße. Dort gewöhnte sich das Heer des römischen Volkes zum ersten Mal daran zu lieben, zu zechen, Feldzeichen und Gemälde und verzierte Vasen zu bewundern, sie heimlich und offen zu rauben, Tempel zu schänden und alle heiligen und weltlichen Dinge zu entehren. So handelten diese Soldaten, nachdem sie den Sieg davongetragen hatten, und ließen den Besiegten nichts zurück. Die glücklichen Umstände ermüdeten sogar die Herzen der Weisen, geschweige dass sie sich bei ihren verdorbenen Sitten bei einem Sieg hätten mäßigen können.
[12] Postquam divitiae honori esse coepere et eas gloria, imperium, potentia sequebatur, hebescere virtus, paupertas probro haberi, innocentia pro malevolentia duci coepit. Igitur ex divitiis iuventutem luxuria atque avaritia cum superbia invasere: rapere, consumere, sua parvi pendere, aliena cupere, pudorem, pudicitiam, divina atque humana promiscua, nihil pensi neque moderati habere. Operae pretium est, cum domos atque villas cognoveris in urbium modum exaedificatas, visere templa deorum, quae nostri maiores, religiosissumi mortales, fecere. Verum illi delubra deorum pietate, domos suas gloria decorabant neque victis quicquam praeter iniuriae licentiam eripiebant. At hi contra, ignavissumi homines, per summum scelus omnia ea sociis adimere, quae fortissumi viri victores reliquerant: proinde quasi iniuriam facere id demum esset imperio uti. Nachdem Reichtum angefangen hatte, als Ehre zu gelten, und Ruhm, Herrschaft und Macht ihm folgten, stumpfte die Tugend ab, wurde der Bescheidene arm, und Uneigennützigkeit begann, für Mißgunst gehalten zu werden. Also ergriffen, ausgehend vom Reichtum, die Verschwendungssucht und die Gier, gemeinsam mit dem Hochmut, die Jugend: sie raubten und verschwendeten, achteten den eigenen Besitz minder, begehrten aber fremden, und besaßen weder schwer beladen noch in Maßen Scham, Sittsamkeit und hielten göttliche und menschliche Belange für einerlei. Die Mühe lohnt sich – weil man die Häuser und Villen erkennen kann, die nach der Art der Stadt gebaut wurden -, die Tempel der Götter zu besuchen, welche unsere Vorfahren, höchst fromme Menschen, gebaut haben. Aber jene schmückten ihre Tempel aus Liebe zu den Göttern und ihre Häuser wegen des Ruhms, und sie raubten den Besiegten nichts außer der Gelegenheit zum Unrecht. Aber jene hingegen, höchst faule Menschen, raubten durch größtes Verbrechen ihren Bundesgenossen all das, was höchst tapfere Männer ihnen als Sieger zurückgelassen hatten: daher war das Begehen von Unrecht und das Ausüben von Herrschaft schließlich dasselbe.
[13] Nam quid ea memorem, quae nisi iis, qui videre, nemini credibilia sunt: a privatis compluribus subvorsos montis, maria constrata esse? Quibus mihi videntur ludibrio fuisse divitiae: quippe, quas honeste habere licebat, abuti per turpitudinem properabant. Sed lubido stupri, ganeae ceterique cultus non minor incesserat: viri muliebria pati, mulieres pudicitiam in propatulo habere; vescendi causa terra marique omnia exquirere; dormire prius, quam somni cupido esset; non famem aut sitim, neque frigus neque lassitudinem opperiri, sed omnia luxu antecapere. Haec iuventutem, ubi familiares opes defecerant, ad facinora incendebant: animus inbutus malis artibus haud facile lubidinibus carebat; eo profusius omnibus modis quaestui atque sumptui deditus erat. Denn wozu soll ich erwähnen, was niemandem außer denen, die es sahen, glaubwürdig scheint: dass von Privatmännern etliche Berge vernichtet wurden und Meere überdeckt wurden? Die Leute scheinen mir den Reichtum verspottet zu haben: denn sie beeilten sich, diesen Reichtum, den sie ehrenhaft besitzen durften, mit Schändlichkeit zu missbrauchen. Aber die Lust auf Schändlichkeit, Erfrischung und anderen Üppigkeiten trat hier nicht weniger ein: die Männer duldeten Weibisches, die Frauen trugen ihre Keuschheit zur Schau; um zu schlemmen, erforschten sie alles Land und Meer; sie gingen früher schlafen, als ein Wunsch nach Schlaf eintrat; nicht Hunger und Durst, nicht Kälte und Müdigkeit warteten sie ab, sondern sie kamen allem durch Ausschweifung zuvor. Jene Dinge stachelten die Jugend, sobald das Erbe durchgebracht war, zu Verbrechen an: ihr Herz war getränkt mit üblen Künsten und wurde nur unter Mühe frei von Begierden; es war daher in jeder Weise ziemlich maßlos Verlangen und Verbrauch ausgeliefert.
[14] In tanta tamque corrupta civitate Catilina, id quod factu facillumum erat, omnium flagitiorum atque facinorum circum se tamquam stipatorum catervas habebat. Nam quicumque inpudicus, adulter, ganeo, manu, ventre, pene bona patria laceraverat quique alienum aes grande conflaverat, quo flagitium aut facinus redimeret, praeterea omnes undique parricidae, sacrilegi, convicti iudiciis aut pro factis iudicium timentes, ad hoc, quos manus atque lingua periurio aut sanguine civili alebat, postremo omnes, quos flagitium, egestas, conscius animus exagitabat, ii Catilinae proxumi familiaresque erant. Quod si quis etiam a culpa vacuus in amicitiam eius inciderat, cotidiano usu atque illecebris facile par similisque ceteris efficiebatur. Sed maxume adulescentium familiaritates adpetebat: eorum animi molles etiam et fluxi dolis haud difficulter capiebantur. Nam ut cuiusque studium ex aetate flagrabat, aliis scorta praebere, aliis canes atque equos mercari; postremo neque sumptui neque modestiae suae parcere, dum illos obnoxios fidosque sibi faceret. Scio fuisse nonnullos, qui ita existumarent: iuventutem, quae domum Catilinae frequentabat, parum honeste pudicitiam habuisse; sed ex aliis rebus magis quam quod cuiquam id compertum foret, haec fama valebat. In einer so beschaffenen, so verdorbenen Gesellschaft versammelte Catilina – was dort äußerst einfach war – eine Schar von Schandbuben und Verbrechern wie Leibwächter um sich. Denn wer auch immer an schamlosen ehebrecherischen Geldverschwendern – sei es mit der Hand, sei es mit dem Bauch – das Erbe durchgebracht hatte, wer große Schulden angehäuft hatte, um sich von einer Schandtat oder einem Verbrechen freizukaufen, außerdem alle Mörder von überall her, Tempelschänder, von Gerichten verurteilte oder für ihre Taten einen Richtspruch fürchtende, dazu noch die, welche sich mit den Händen durch bürgerliches Blut oder mit der Zunge durch Meineid ernährten, schließlich alle, die von Schandtat, Armut oder einem daran beteiligten Herzen geplagt waren, – diese Leute waren Catilinas beste Freunde und standen ihm am nächsten. Wenn aber jemand auch frei von Schuld mit ihm in Freundschaft geraten war, wurde er durch den täglichen Umgang und seine Verlockungen leicht den Übrigen ähnlich gemacht. Aber am meisten erstrebte er die Verbundenheit mit der Jugend: Deren Herzen waren weich und waren sehr leicht durch Listen beeinflussbar. Denn sobald der Eifer eines jeden wegen seines Alters aufloderte, gewährte er den einen Huren, den anderen drehte er Hunde und Pferde an; schließlich schonte er weder Ausgaben noch seine Mäßigung, wenn er sie abhängig und sich treu machte. Ich weiß, dass es einige gab, die so dachten: die Jugend, die das Haus Catilinas regelmäßig besuchte, besaß ehrlich zu wenig Anstand; aber dieses Gerücht entstand eher aus anderen Gründen, als dass irgendjemand das genau gewusst hätte.
[15] Iam primum adulescens Catilina multa nefanda stupra fecerat, cum virgine nobili, cum sacerdote Vestae, alia huiusce modi contra ius fasque. Postremo captus amore Aureliae Orestillae, cuius praeter formam nihil umquam bonus laudavit, quod ea nubere illi dubitabat timens privignum adulta aetate, pro certo creditur necato filio vacuam domum scelestis nuptiis fecisse. Quae quidem res mihi in primis videtur causa fuisse facinus maturandi. Namque animus inpurus, dis hominibusque infestus, neque vigiliis neque quietibus sedari poterat: ita conscientia mentem excitam vastabat. Igitur color ei exsanguis, foedi oculi, citus modo, modo tardus incessus: prorsus in facie vultuque vecordia inerat. Schon gleich in der Jugend beging Catilina viel unanständige Hurerei, mit einer adligen Frau, mit einer Priesterin der Vesta, und andere Dinge dieser Art gegen menschliches und göttliches Gesetz. Schließlich verliebte er sich in die Aurelia Orestilla, an der – außer ihrer Schönheit – kein guter Mann jemals etwas gelobt hat, und weil sie zögerte, ihn zu heiraten, da sie den erwachsenen Sohn Catilinas fürchtete, glaubt man mit Sicherheit, dass er sein Haus durch einen Mord an seinem Sohn für diese verbrecherische Ehe freigeräumt habe. Jene Sache scheint mir freilich besonders ein Grund für seine ansteigende Verbrecherkarriere gewesen zu sein. Denn sein unanständiges Herz, reich und feindselig gegenüber den Menschen, konnte sich weder wach noch schlafend beruhigen: so sehr verwüstete sein Wissen (um Verbrechen) seinen aufgescheuchten Geist. Daher wurde seine Gesichtsfarbe bleich, sein Blick verächtlich, bewegte er sich bald flink, bald träge: Wahnsinn wohnte gänzlich in seinen Zügen und in seinem Gesichtsausdruck.

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De coniuratione Catilinae 05 – 10

Sallust schrieb seine Erörterung über die Catilinarische Verschwörung etwa im Jahre 41 v. Chr. und somit etwa zwanzig Jahre nach den Ereignissen. Somit konnte er nicht nur Zeitzeugen befragen; er selbst war Zeuge vieler der Ereignisse gewesen, die er in seinem Geschichtswerk beschreibt. Obwohl Sallusts Geschichtsschreibung zweifellos den Zweck verfolgt, dem Leser gewisse moralische Aspekte zu verdeutlichen, hält man Sallust heute für einen der zuverlässigsten Historiker seiner Zeit. Der ursprüngliche Titel des Werkes ist nicht überliefert; im Allgemeinen hat sich als Titel „De coniuratione Catilinae“ (Über die Verschwörung des Catilina) durchgesetzt, da dieser Titel schlichtweg aus dem Proömium abgeschrieben ist (IV: „Igitur de Catilinae coniuratione (…) absolvam;“ – „Deshalb werde ich über die Verschwörung des Catilina berichten.“). Der zweite, gängige Titel „Bellum Catilinae“ (Der Krieg des Catilina) ist etwas abwegiger, da er nicht im Text belegt ist und somit „frei erfunden“ ist.

De otio

Senecas Dialog „De otio“ ist nur teilweise überliefert. Anfang und Schluss fehlen.

I. 1. * * * nobis magno consensu uitia commendant. Licet nihil aliud quod sit salutare temptemus, proderit tamen per se ipsum secedere: meliores erimus singuli.
Quid quod secedere ad optimos uiros et aliquod exemplum eligere ad quod uitam derigamus licet? Quod <nisi> in otio non fit: tunc potest optineri quod semel placuit, ubi nemo interuenit qui iudicium adhuc inbecillum populo adiutore detorqueat; tunc potest uita aequali et uno tenore procedere, quam propositis diuersissimis scindimus.
I. 1. Die Leute raten uns mit großer Geschlossenheit zu falschen Dingen. Wenn wir auch freilich nichts anderes, was was uns gesund macht, versuchen, so wird es dennoch nützen, sich für sich selbst zurückzuziehen: wir werden allein besser sein.
Ist es nicht vielmehr erlaubt, sich zu den besten Männern zurückzuziehen und ein Beispiel auszuwählen, nach dem wir das Leben ausrichten wollen? Dies wird nicht getan, wenn man nicht über Freizeit verfügt: dann kann das ausgeübt werden, was einem einmal gefallen hat, sofern niemand einschreitet, der die unsichere Entscheidung mit der Unterstützung des Pöbels ablenkt; dann kann das Leben in gleichmäßigem, einheitlichem Lauf voranschreiten, welches wir durch widersprüchliche Wünsche behindern.
2. Nam inter cetera mala illud pessimum est, quod uitia ipsa mutamus. Sic ne hoc quidem nobis contingit, permanere in malo iam familiari. Aliud ex alio placet uexatque nos hoc quoque, quod iudicia nostra non tantum praua sed etiam leuia sunt: fluctuamur aliudque ex alio comprendimus, petita relinquimus, relicta repetimus, alternae inter cupiditatem nostram et paenitentiam uices sunt. Denn unter den übrigen schlechten Dingen ist jenes das schlimmste, dass wir die Fehler selbst verwechseln. So gelingt es uns jedenfalls nicht, bei einem bereits vertrauten Übel zu bleiben. Es gefällt uns eins nach dem anderen und auch das quält uns, dass unsere Urteile nicht nur so verkehrt, sondern auch so flüchtig sind: wir werden umhergetrieben und nehmen eins nach dem andern in Angriff, verlassen das, was wir haben wollten, wollen das, was wir verlassen haben, zurück, und abwechselnd werden wir zwischen unserer Begierge und unserer Reue hin und her gerissen.
3. Pendemus enim toti ex alienis iudiciis et id optimum nobis uidetur quod petitores laudatoresque multos habet, non id quod laudandum petendumque est, nec uiam bonam ac malam per se aestimamus sed turba uestigiorum, in quibus nulla sunt redeuntium. Denn wir hängen vollständig an fremden Entschiedungen und es scheint uns am besten, was viele Neider und Bewunderer findet, nicht das, was man bewundern und wollen sollte, und wir prüfen nicht, ob ein Weg für sich genommen ein guter oder schlechter ist, sondern wir prüfen die Zahl der Fußspuren, von denen keine zurückgekommen sind.
4. Dices mihi: ‚quid ais, Seneca? deseris partes? Certe Stoici uestri dicunt: „usque ad ultimum uitae finem in actu erimus, non desinemus communi bono operam dare, adiuuare singulos, opem ferre etiam inimicis senili manu. Nos sumus qui nullis annis uacationem damus et, quod ait ille uir disertissimus,
canitiem galea premimus;
nos sumus apud quos usque eo nihil ante mortem otiosum est ut, si res patitur, non sit ipsa mors otiosa.“ Quid nobis Epicuri praecepta in ipsis Zenonis principiis loqueris? Quin tu bene gnauiter, si partium piget, transfugis potius quam prodis?‘
Nun magst du mir sagen: „Was sprichst du da, Seneca? Verlässt du deine Philosophenschule? Freilich sagen doch deine Stoiker: ‚Bis zum letzten Ende des Lebens werden wir in unserer Rolle bleiben, wir lassen für das gemeinsame Gut nicht davon ab, uns Mühe zu geben, einzelnen zu helfen, auch den Feinden Hilfe zu bringen, auch wenn die bringenden Hände schon die eines Greises sind. Wir sind Leute, die niemals Ruhe geben und, wie der berühmte Dichter sagt: mit dem Helm bedecken wir das graue Haar; wir gehören zu denen, wo es vor dem Tod nichts an Freizeit gibt und für die sogar, sofern es die Sache erlaubt, der Tod selbst nicht ruhig sein soll.‘ Was erläuterst du mir die Vorschriften Epikurs im Zusammenhang mit den Lehren Zenons? Willst du nicht lieber ganz rührig überlaufen als Verrat zu üben, wenn dich deine Schule verdrießt?“
5. Hoc tibi in praesentia respondebo: ’numquid uis amplius quam ut me similem ducibus meis praestem? Quid ergo est? non quo miserint me illi, sed quo duxerint ibo.‘ Dies antworte ich dir sogleich: „Willst du etwa irgendetwas lieber, als dass ich mich meinen Führern als ähnlich erweise? Was ist also? Nicht wohin sie mich schickten, sondern wohin sie mich führen, dahin folge ich.“
II. 1. Nunc probabo tibi non desciscere me a praeceptis Stoicorum; nam ne ipsi quidem a suis desciuerunt, et tamen excusatissimus essem, etiam si non praecepta illorum sequerer sed exempla. Hoc quod dico in duas diuidam partes:
primum, ut possit aliquis uel a prima aetate contemplationi ueritatis totum se tradere, rationem uiuendi quaerere atque exercere secreto;
2. deinde, ut possit hoc aliquis emeritis stipendiis, profligatae aetatis, iure optimo facere et ~ad alios actus animos~ referre, uirginum Vestalium more, quae annis inter officia diuisis discunt facere sacra et cum didicerunt docent.
II. Nun werde ich dir beweisen, dass ich nicht von den Vorschriften der Stoiker abweiche; denn sie selbst sind jedenfalls nicht von ihren Lehren abgewichen, und dennoch wäre es völlig rechtmäßig, wenn ich nicht ihren Vorschriften, sondern ihren Beispielen folgen würde. Das, was ich sage, teile ich in zwei Teile auf:
erstens, dass sich wohl jeder vom ersten Lebensjahr an der Betrachtung der Wahrheit gänzlich widmen kann, ebenso der Suche nach dem Sinn des Lebens und dies im Geheimen ausüben kann;
zweitens, dass jeder dies, nachdem er seine Pflichten erfüllt hat, im weit vorgerückten Alter mit dem besten Recht tun kann und diese Abläufe anderen Geistern weitergeben kann, nach der Sitte des vestalischen Jungfern, deren Jahre den Aufgaben nach aufgeteilt sind, weil sie erst lernen, die Opferdienste zu verrichten, und dann, wenn sie das gelernt haben, es anderen beibringen.
III. 1. Hoc Stoicis quoque placere ostendam, non quia mihi legem dixerim nihil contra dictum Zenonis Chrysippiue committere, sed quia res ipsa patitur me ire in illorum sententiam, quoniam si quis semper unius sequitur, non in curia sed in factione est. Vtinam quidem iam tenerentur omnia et in aperto et confesso ueritas esset nihilque ex decretis mutaremus! nunc ueritatem cum eis ipsis qui docent quaerimus. III. 1. Dass dies auch den Stoikern gefällt, will ich zeigen; nicht weil ich wie vor einem Gericht sagen will, dass ich nichts gegen die Lehre des Zenon oder des Chrysippus begangen habe, sondern weil die Sache selbst erlaubt, dass ich auf ihre Meinung zu sprechen komme, da ja jemand, der immer der eines einzelnen folgt, nicht in einer Curie, sondern in einer Partei ist. Würde doch schon alles gleich verstanden und die Wahrheit offen und bekannt! Würden wir doch nichts an unseren Prinzipien ändern! Nun suchen wir die Wahrheit gemeinsam mit jenen, die sie lehren.
2. Duae maxime et in hac re dissident sectae, Epicureorum et Stoicorum, sed utraque ad otium diuersa uia mittit. Epicurus ait: ’non accedet ad rem publicam sapiens, nisi si quid interuenerit‘; Zenon ait: ‚accedet ad rem publicam, nisi si quid inpedierit.‘ Zwei gespaltene Seiten streiten sich um diese Sache, die der Epikureer und die der Stoiker, aber jede von beiden zeigt unterschiedliche Wege zur Freizeit. Epikur sagt: „Der Weise hat bei der Politik nichts verloren, außer, wenn ihm etwas entgegensteht.“ Zenon sagt: „Er soll in die Politik gehen, außer, wenn ihn etwas hindert.“
3. Alter otium ex proposito petit, alter ex causa; causa autem illa late patet. Si res publica corruptior est quam <ut> adiuuari possit, si occupata est malis, non nitetur sapiens in superuacuum nec se nihil profuturus inpendet; si parum habebit auctoritatis aut uirium nec illum erit admissura res publica, si ualetudo illum inpediet, quomodo nauem quassam non deduceret in mare, quomodo nomen in militiam non daret debilis, sic ad iter quod inhabile sciet non accedet. Der eine fordert die Freizeit von vornherein, der andere nach einer Begründung; diese Begründung aber ist im Versteckten offensichtlich. Wenn die Politik so verdorben ist, dass man ihr nicht mehr helfen kann, wenn sie mit Schurken so durchsetzt ist, wird der Weise sich nicht aussichtslos bemühen und wird sich nicht ohne Aussichten aufreiben; wenn er aber zu wenig Autorität oder Energie haben wird oder ihn die Politik nicht akzeptiert, wenn ihn die Gesundheit hindert, dann wird er eben so, wie er ein kaputtes Schiff nicht ins Meer absegeln ließe, oder wie er seinen Namen nicht als Krüppel beim Militär einschreiben würde, eben auf diese Weise wird er den Weg nicht beschreiten, von dem er weiß, dass dieser ungeeignet ist.
4. Potest ergo et ille cui omnia adhuc in integro sunt, antequam ullas experiatur tempestates, in tuto subsistere et protinus commendare se bonis artibus et inlibatum otium exigere, uirtutium cultor, quae exerceri etiam quietissimis possunt. Es kann also auch dieser, für den alle Dinge bis hierhin im Reinen liegen, bevor er irgendwelche Stürme erfährt, sich im Sicheren aufhalten und sich weiterhin den schönen Künsten widmen und ungeschmälert seiner Freizeit nachgehen als ein Verehrer der Tugenden, die auch durch die Zurückgezogensten ausgeübt werden können.
5. Hoc nempe ab homine exigitur, ut prosit hominibus, si fieri potest, multis, si minus, paucis, si minus, proximis, si minus, sibi. Nam cum se utilem ceteris efficit, commune agit negotium. Quomodo qui se deteriorem facit non sibi tantummodo nocet sed etiam omnibus eis quibus melior factus prodesse potuisset, sic quisquis bene de se meretur hoc ipso aliis prodest quod illis profuturum parat. Dies wird doch freilich vom Menschen verlangt, dass er den anderen Menschen nützt, wenn es möglich ist, vielen, wenn wenigeren, dann wenigen, wenn noch wenigeren, dann seinen Nächsten, wenn auch das nicht geht, sich selbst. Denn wenn wenn er sich zu einem für andere nützlichen Menschen bildet, dann betreibt er eine gemeinnützige Aufgabe. Auf die Weise jemand, der sich schlechter macht, sich nicht nur selbst schadet, sondern auch all jenen, denen er, hätte er sich besser gemacht, hätte nutzen können, so nützt jeder, der sich um sich selbst wohlverdient macht, durch eben dies den anderen, weil er das, was ihnen nützen wird, vorbereitet.
IV. 1. Duas res publicas animo complectamur, alteram magnam et uere publicam qua di atque homines continentur, in qua non ad hunc angulum respicimus aut ad illum sed terminos ciuitatis nostrae cum sole metimur, alteram cui nos adscripsit condicio nascendi; haec aut Atheniensium erit aut Carthaginiensium aut alterius alicuius urbis quae non ad omnis pertineat homines sed ad certos. Quidam eodem tempore utrique rei publicae dant operam, maiori minorique, quidam tantum minori, quidam tantum maiori. Zwei Arten von Gemeinwesensbegriff umfassen wir im Geiste:
das eine und wahrhaftige Gemeinwesen, durch welches Götter und Menschen zusammengehalten werden, in dem wir nicht in diese oder jene Ecke schauen, sondern die Grenzen unseres Gemeinwesens an der Sonne messen,
das andere ist der Staat, dem uns die Umstände der Geburt zuteilen; ob dies nun der athenische oder karthagische oder der irgendeiner anderen Stadt sei, er zieht uns nicht zu allen Menschen hin, sondern nur zu bestimmten. Zur selben Zeit bemühen sich gewisse Leute um beide Arten von Gemeinwesen, um den Höheren und um den Niedrigeren, teils nur um den Niedrigeren, teils nur um den Höheren.
2. Huic maiori rei publicae et in otio deseruire possumus, immo uero nescio an in otio melius, ut quaeramus
quid sit uirtus, una pluresne sint, natura an ars bonos uiros faciat;
unum sit hoc quod maria terrasque et mari ac terris inserta complectitur, an multa eiusmodi corpora deus sparserit;
continua sit omnis et plena materia ex qua cuncta gignuntur, an diducta et solidis inane permixtum;
quae sit dei sedes, opus suum spectet an tractet, utrumne extrinsecus illi circumfusus sit an toti inditus;
inmortalis sit mundus an inter caduca et ad tempus nata numerandus. Haec qui contemplatur, quid deo praestat? ne tanta eius opera sine teste sint.
Diesem höheren Gemeinwesen können wir auch in der Freizeit dienen, anscheinend sogar in der Freizeit umso mehr und besser, wenn wir fragen,
was die Tugend sei, ob es nicht mehrere geben könnte, ob die Natur oder die Kunst die Männer gut macht;
ob das, was Meer und Land und das Leben im Meer und an Land verbindet, einzigartig ist oder ob eine Gottheit viele solche Gestalten verteilt hat;
ob die stofflichen Dinge, aus denen alles entsteht, zusammenhängend und geschlossen sind, oder ob sie auseinandergedehnt und Leerräume mit Stofflichem vermischt sind;
wo der Sitz des Göttlichen sei, ob er sein Werk nur betrachtet oder es auch lenkt, ob es von ihm äußerlich umflossen werde oder ob sich es ganz im Inneren befindet;
ob die Welt unsterblich sei oder zu den zerfallenden und befristet geborenen Sachen gezählt werden müsse. Was erweist derjenige dem Gott, der diese Dinge erwägt? Dass seine so großen Werke nicht ohne Zeuge sind.
V. 1. Solemus dicere summum bonum esse secundum naturam uiuere: natura nos ad utrumque genuit, et contemplationi rerum et actioni. Nunc id probemus quod prius diximus. Quid porro? hoc non erit probatum, si se unusquisque consuluerit quantam cupidinem habeat ignota noscendi, quam ad omnis fabulas excitetur? Wir pflegen zu sagen, dass es das höchste Gut sei, nach der Natur zu leben: die Natur hat uns für beides erschaffen, für die Erwägung der Dinge und für die Tat. Nun lass uns prüfen, was wir wichtiger nennen. Was also? Wurde das nicht bereits geprüft, wenn sich ein jeder mit sich selbst berät, wie viel Lust er hat, Unbekanntes zu lernen, und inwiefern seine Wissbegierde von all den Gesprächen angezogen wird?
2. Nauigant quidam et labores peregrinationis longissimae una mercede perpetiuntur cognoscendi aliquid abditum remotumque. Haec res ad spectacula populos contrahit, haec cogit praeclusa rimari, secretiora exquirere, antiquitates euoluere, mores barbararum audire gentium. Sie schwanken freilich und erdulden standhaft die Mühen der schier unendlichen Reise nach dem einen Gut der Erkenntnis von irgendetwas Entrücktem und Hochvergeistigten. Diese Sache zieht die Massen zur großen Bewunderungsrunde an, diese bringt sie dazu, verschlossene Dinge zu durchforschen, Verborgenes zu untersuchen, uraltes Zeug abzustauben, und sich die Bräuche der Barbarenvölker anzuhören.
3. Curiosum nobis natura ingenium dedit et artis sibi ac pulchritudinis suae conscia spectatores nos tantis rerum spectaculis genuit, perditura fructum sui, si tam magna, tam clara, tam subtiliter ducta, tam nitida et non uno genere formosa solitudini ostenderet. Einen Anlage zur Neugier gab uns die Natur und erzeugte als Betrachter für ihre so großen Schauspiele der Dinge, weil sie um ihre Künste und ihre Schönheit wusste, für uns würde die Lust verlieren, wenn so sie große, so schöne, so durchdacht hervorgebrachte, so glänzende und nicht nur in einer Hinsicht hervorragende Dinge der Einsamkeit zeigen müsste.
4. Vt scias illam spectari uoluisse, non tantum aspici, uide quem nobis locum dederit: in media nos sui parte constituit et circumspectum omnium nobis dedit;
nec erexit tantummodo hominem, sed etiam habilem contemplationis factura, ut ab ortu sidera in occasum labentia prosequi posset et uultum suum circumferre cum toto, sublime fecit illi caput et collo flexili inposuit;
deinde sena per diem, sena per noctem signa producens nullam non partem sui explicuit, ut per haec quae optulerat oculis eius cupiditatem faceret etiam ceterorum.
Damit du weißt, dass jene betrachtet werden und nicht nur angesehen werden wollte, sieh, welch einen Ort sie uns gab: uns schuf sie in ihrer Mitte und gab uns von allen Dingen das Interesse an der Umgebung;
sie erschuf den Menschen nicht nur, sondern um ihn geschickt im Denken zu machen, damit er vom Aufgang bis zum Untergang den Lauf der Sterne verfolgen kann und seinen Blick überallhin umherschweifen lassen kann, deshalb schuf sie ihm einen emporragenden Kopf und verlieh ihm einen beweglichen Nacken;
dann schuf sie je sechs Zeichen für den Tag und sechs für die Nacht, nicht ohne einen Teil von sich selbst vorzuführen, damit sie durch das, was sie zeigte, den Augen auch Neugier auf die restlichen Dinge verleihen würde.
5. Nec enim omnia nec tanta uisimus quanta sunt, sed acies nostra aperit sibi inuestigandi uiam et fundamenta uero iacit, ut inquisitio transeat ex apertis in obscura et aliquid ipso mundo inueniat antiquius: unde ista sidera exierint;
quis fuerit uniuersi status, antequam singula in partes discederent; quae ratio mersa et confusa diduxerit; quis loca rebus adsignauerit, suapte natura grauia descenderint, euolauerint leuia, an praeter nisum pondusque corporum altior aliqua uis legem singulis dixerit; an illud uerum sit quo maxime probatur homines diuini esse spiritus, partem ac ueluti scintillas quasdam astrorum in terram desiluisse atque alieno loco haesisse.
Wir haben weder alle noch so viele Dinge gesehen, wie es gibt, sondern unser Auge eröffnet sich selbst einen Weg, um sie herauszufinden, und legt in Wahrheit die Grundlagen, damit eine Untersuchung vom Offensichtlichen zum Verborgenen voranschreite und irgendetwas Älteres für die Welt finde: woher kommen die Sterne;
welcher war der Zustand des Universums, bevor einzelne Dinge in Teilen verschwanden; welche höhere Vernunft brachte Ordnung in Verworrenes und Versunkenes; wer teilte den Dingen ihre Orte zu, ob die schweren Dinge durch ihre Beschaffenheit herabsinken und die leichten Dinge emporschweben, oder ob, außer dem Druck und dem Gewicht ihrer Körper, irgendeine höhere Gewalt den einzelnen Dingen ihre Verfassung zusprach; ob dies die Wahrheit ist, wodurch am ehesten bewiesen wird, dass die Menschen von heiligem Verstande sind: dass ein Teil, gleichsam wie gewisse Funken der Sterne, auf die Erde herabgesprungen sind und zuvor an einem anderen Ort festgehangen haben.
6. Cogitatio nostra caeli munimenta perrumpit nec contenta est id quod ostenditur scire: ‚illud‘ inquit ’scrutor quod ultra mundum iacet, utrumne profunda uastitas sit an et hoc ipsum terminis suis cludatur; qualis sit habitus exclusis, informia et confusa sint, [an] in omnem partem tantundem loci optinentia, an et illa in aliquem cultum discripta sint; huic cohaereant mundo, an longe ab hoc secesserint et hic in uacuo uolutetur; indiuidua sint per quae struitur omne quod natum futurumque est, an continua eorum materia sit et per totum mutabilis; utrum contraria inter se elementa sint, an non pugnent sed per diuersa conspirent.‘ Unser Geist durchbricht den Schutz des Himmels und begnügt sich nicht dmait, das, was ihr gezeigt wird, zu verstehen: „Dies“, sagt er, „erforsche ich, was jenseits der Welt liegt, ob da eine weit ausgedehnte Ödnis liegt oder ob auch dies durch seine Grenzen umschlossen wird; was für eine äußere Erscheinung diese fernen Dinge besitzen, ob sie formlos und verworren sind, oder ob jeder Teil an diesem Ort dieselbe Beschaffenheit besitzt, oder ob jene Dinge nach irgendeiner Ordnung unterschiedlich beschaffen sind; ob die Dinge mit jener Welt zusammenhängen, oder ob sie weit von ihr entfernt sind und hier im Leeren umhertreiben; ob diese Dinge untrennbar sind, durch die alles aufgebaut ist, was geboren ist und existieren wird, oder ob sie aus einer unmittelbar verbundenen und im Ganzen wandelbaren Materie bestehen; ob die Elemente untereinander im Streit stehen oder ob sie nicht gegeneinander ankämpfen, sondern sich durch ihre Unterschiedeim Einklang stehen.“
7. Ad haec quaerenda natus, aestima quam non multum acceperit temporis, etiam si illud totum sibi uindicat. Qui licet nihil facilitate eripi, nihil neglegentia patiatur excidere, licet horas suas auarissime seruet et usque in ultimum aetatis humanae terminum procedat nec quicquam illi ex eo quod natura constituit fortuna concutiat, tamen homo ad inmortalium cognitionem nimis mortalis est. Geboren, um dies zu erforschen, betrachte, wie wenig Zeit einer empfangen hat, selbst wenn er diese vollständig für sich in Anspruch nimmt. Wer freilich hinehmen kann, dass ihm durch seine Willfährigkeit nichts davon entrissen wird, dass nichts durch Nachlässigkeit verloren geht, seine Lebenszeit auf geizigste Weise behütet und bis an das äußerste Ende des menschlichen Lebensalters voranschreit und dem das Schicksal nichts von dem, was die Natur schuf, entgegenwirft, ein solcher Mensch ist dennoch zu sterblich für die Erkenntnis des Unsterblichen.
8. Ergo secundum naturam uiuo si totum me illi dedi, si illius admirator cultorque sum. Natura autem utrumque facere me uoluit, et agere et contemplationi uacare: utrumque facio, quoniam ne contemplatio quidem sine actione est. Also lebe ich gemäß der Natur, wenn ich mich ihr ganz verschrieben habe, wenn ich sie bewundere und ihr Freund bin. Aber die Natur wollte, dass ich beides tue, und so tue ich beides – handeln und Freizeit für Betrachtungen haben – da ja eine Betrachtung sowieso nie ohne Handlung ist.
VI. 1. ‚Sed refert‘ inquis ‚an ad illam uoluptatis causa accesseris, nihil aliud ex illa petens quam adsiduam contemplationem sine exitu; est enim dulcis et habet inlecebras suas.‘ Aduersus hoc tibi respondeo: aeque refert quo animo ciuilem agas uitam, an semper inquietus sis nec tibi umquam sumas ullum tempus quo ab humanis ad diuina respicias. „Aber es ist wichtig“, sagst du, „ob du wegen der Begierde zu ihr gekommen bist und nichts anderes von ihr forderst als beharrliche Erwägungen ohne Ende; sie ist nämlich süß und hat ihre Verlockungen.“ Darauf antworte ich dir: es ist ebenso wichtig, mit welchem Mut du das bürgerliche Leben führst, ob du immer unruhig bist und dir niemals irgendwelche Zeit nimmst, um vom Menschlichen zum Übersinnlichen zurückzublicken.
2. Quomodo res adpetere sine ullo uirtutum amore et sine cultu ingeni ac nudas edere operas minime probabile est (misceri enim ista inter se et conseri debent), sic inperfectum ac languidum bonum est in otium sine actu proiecta uirtus, numquam id quod didicit ostendens. Wie es kaum anerkennenswert ist, die Dinge ohne irgendwelche Liebe zu den Tugenden und ohne Übung des Geistes anzustehen und ihre Bemühungen bloß zu konsumieren (denn jene Dinge müssen untereinander vermischt und zusammengefasst werden), so ist die Tugend in Muße und ohne Aktion, die niemals zeigt, was sie lernte, wie weggeworfen, ein unvollständiges und schlaffes Gut.
3. Quis negat illam debere profectus suos in opere temptare, nec tantum quid faciendum sit cogitare sed etiam aliquando manum exercere et ea quae meditata est ad uerum perducere? Quodsi per ipsum sapientem non est mora, si non actor deest sed agenda desunt, ecquid illi secum esse permittes? Wer würde leugnen, dass es, wenn man etwas vorangekommen ist, nötig ist, dass man die Tugend auch in die Tat umsetzt, und nicht nur erwägt, was man tun muss, sondern es auch einmal praktisch versucht und das, was man überdacht hat, auch in der Realität fortzusetzt? Wenn aber die Verzögerung nicht durch den Weisen selbst geschieht, wenn nicht der Ausführende fehlt, sondern die auszuführenden Dinge, erlaubst du ihm dann, sich mit sich selbst zu beschäftigen?
4. Quo animo ad otium sapiens secedit? ut sciat se tum quoque ea acturum per quae posteris prosit. Nos certe sumus qui dicimus et Zenonem et Chrysippum maiora egisse quam si duxissent exercitus, gessissent honores, leges tulissent; quas non uni ciuitati, sed toti humano generi tulerunt. Quid est ergo quare tale otium non conueniat uiro bono, per quod futura saecula ordinet nec apud paucos contionetur sed apud omnis omnium gentium homines, quique sunt quique erunt? In welcher Absicht zieht sich der Weise zur Muße zurück? Damit er weiß, dass er dann auch jene Dinge tun wird, durch welche er den Nachkommen nützt. Ich bin freilich einer, der sagt, dass Zenon und Chrysipp größere Dinge getan haben, als wenn sie ein Heer geführt hätten, politisch aktiv gewesen oder Gesetze vorgebracht hätten; diese haben sie nicht einer Bürgerschaft, sondern dem ganzen Menschengeschlecht gebracht. Was also ist der Grund, weswegen solche Muße sich für einen guten Mann nicht gehört, durch die er für künftige Jahrhunderte Regeln aufstellt und nicht bei wenigen in einer Versammlung spricht, sondern beim allen Menschen aller Geschlechter, welche es gibt und geben wird?
5. Ad summam, quaero an ex praeceptis suis uixerint Cleanthes et Chrysippus et Zenon. <Non> dubie respondebis sic illos uixisse quemadmodum dixerant esse uiuendum: atqui nemo illorum rem publicam administrauit. ‚Non fuit‘ inquis ‚illis aut ea fortuna aut ea dignitas quae admitti ad publicarum rerum tractationem solet.‘ Sed idem nihilominus non segnem egere uitam: inuenerunt quemadmodum plus quies ipsorum hominibus prodesset quam aliorum discursus et sudor. Ergo nihilominus hi multum egisse uisi sunt, quamuis nihil publice agerent. Zuletzt frage ich, ob Cleanthes und Chrysipp und Zenon nach ihren eigenen Vorschriften lebten. Zweifelnd wirst du antworten, dass sie so gelebt haben, wie sie sagten, dass man leben müsse: aber niemand verwaltete ihren Staat. „Sie besaßen,“ sagst du, „kein solches Glück und keine solche Autorität, welche ihnen erlaubt hätte, sich mit den Staatsangelegenheiten zu befassen.“ Aber nichtsdestoweniger führen sie ebenso kein faules Leben: sie fanden heraus, auf welche Weise ihre Ruhe den Menschen mehr nützte als das Umherlaufen und der Schweiß anderer Leute. Also scheinen sie nichtsdestoweniger vieles getan zu haben, so wenig sie auch im Öffentlichen tätig waren.
VII. 1. Praeterea tria genera sunt uitae, inter quae quod sit optimum quaeri solet: unum uoluptati uacat, alterum contemplationi, tertium actioni. Primum deposita contentione depositoque odio quod inplacabile diuersa sequentibus indiximus, uideamus ut haec omnia ad idem sub alio atque alio titulo perueniant: nec ille qui uoluptatem probat sine contemplatione est, nec ille qui contemplationi inseruit sine uoluptate est, nec ille cuius uita actionibus destinata est sine contemplatione est. Außerdem gibt es drei Arten des Lebens, zwischen denen für gewöhnlich ermittelt wird, welche die beste sei: die erste ist frei von Lust, die zweite von Erwägung, die dritte von Handlung. Zunächst wollen wir (nachdem wir Streiterei und Hass, von dem wir erkennen, dass er bei den Anhängern der verschiedenen Ansichten unversöhnlich ist, abgelegt haben) sehen, dass all diese Ansichten unter einer anderen und noch einer anderen Bezeichnung kursieren: weder ist jener, der die Lust billigt, frei von Erwägung, noch jener, der sich an der Erwägung orientiert, frei von Lust, und auch nicht der, dessen Leben den Handlungen gewidmet ist, ist frei von Erwägung.
2. ‚Plurimum‘ inquis ‚discriminis est utrum aliqua res propositum sit an propositi alterius accessio.‘ Sit sane grande discrimen, tamen alterum sine altero non est: nec ille sine actione contemplatur, nec hic sine contemplatione agit, nec ille tertius, de quo male existimare consensimus, uoluptatem inertem probat sed eam quam ratione efficit firmam sibi; ita et haec ipsa uoluptaria secta in actu est. „Der größte Unterschied“, sagst du, „der besteht darin, ob eine Sache das Hauptthema ist oder eine Folge eines anderen Themas.“ Freilich mag das ein großer Unterschied sein; dennoch gibt es das eine nicht ohne das andere: weder erwägt jener ohne Handlung, noch handelt jener ohne Erwägung, und auch jener dritte, von dem wir einstimmig der Ansicht sind, dass er falsch urteilt, billigt die träge Lust, aber jene, welche durch Vernunft von ihm tüchtig gemacht wird; so ist auch dieselust-orientierte Denkweise in der Handlung verankert.
3. Quidni in actu sit, cum ipse dicat Epicurus aliquando se recessurum a uoluptate, dolorem etiam adpetiturum, si aut uoluptati imminebit paenitentia aut dolor minor pro grauiore sumetur? Warum sollte sie nicht in der Handlung verankert sein, wenn selbst Epikur einmal sagt, dass er von der Lust zurückkehren werde, dass er auch den Schmerz erstreben werde, wenn ihm entweder die Reue über seine Lust droht oder das kleinere Übel anstelle eines größeren gebraucht wird?
4. Quo pertinet haec dicere? ut appareat contemplationem placere omnibus; alii petunt illam, nobis haec statio, non portus est. Welchen Zweck hat es, dies zu sagen? Damit offensichtlich wird, dass die Erwägung allen gefällt; die einen erstreben sie, für uns ist sie ein Rastplatz, nicht ein Hafen.
VIII. 1. Adice nunc [huc] quod e lege Chrysippi uiuere otioso licet: non dico ut otium patiatur, sed ut eligat. Negant nostri sapientem ad quamlibet rem publicam accessurum; quid autem interest quomodo sapiens ad otium ueniat, utrum quia res publica illi deest an quia ipse rei publicae, si omnibus defutura res publica est? Semper autem deerit fastidiose quaerentibus. Füge nun hinzu, dass nach dem Gesetz des Chrysipp erlaubt ist, in Muße zu leben: ich sage nicht, dass er die Muße erduldet, sondern dass er sie auswählt. Die unseren leugnen, dass der Weise sich jedem Staat nähern darf; was aber spielt es für eine Rolle, auf welche Weise der Weise zur Muße kommt, ob er das tut, weil ihm der Staat fehlt oder ob er es tut, weil er selbst dem Staat fehlt, wenn sonst der Staat künftig allen fehlen wird? Immer aber wird er denen fehlen, die wählerisch nach einem suchen.
2. Interrogo ad quam rem publicam sapiens sit accessurus. Ad Atheniensium, in qua Socrates damnatur, Aristoteles ne damnetur fugit? in qua opprimit inuidia uirtutes? Negabis mihi accessurum ad hanc rem publicam sapientem. Ad Carthaginiensium ergo rem publicam sapiens accedet, in qua adsidua seditio et optimo cuique infesta libertas est, summa aequi ac boni uilitas, aduersus hostes inhumana crudelitas, etiam aduersus suos hostilis? Et hanc fugiet. Ich frage, welchem Staat der Weise sich nähern wird. Dem athenischen, in dem Socrates verurteilt wurde und Aristoteles floh, damit er es nicht würde? In dem der Neid die Tugenden unterdrückte? Du wirst mir gegenüber verneinen, dass der Weise sich diesem Staat nähern sollte. Dem karthagischen Staat wird der Weise sich also nähern, in dem beharrlicher Aufstand herrscht und gerade den besten eine bedrohliche Zügellosigkeit innewohnt, höchste Wertlosigkeit den des Landes und des Guts herrscht, unmenschliche Grausamkeit gegenüber Feinden, auch feindselig gegen die eigenen Leute? Auch jenen wird der Weise fliehen.
3. Si percensere singulas uoluero, nullam inueniam quae sapientem aut quam sapiens pati possit. Quodsi non inuenitur illa res publica quam nobis fingimus, incipit omnibus esse otium necessarium, quia quod unum praeferri poterat otio nusquam est. Wenn ich sie alle einzeln durchdenken könnte, würde ich keinen finden, der den Weisen ertragen könnte oder den der Weise selbst ertragen kann. Wenn aber dieser Staat, den wir uns ausdenken, nicht zu finden ist, dann wird doch für alle Weisen die Muße notwendig, weil das, was einzig ihr bevorzugt werden konnte, nirgends existiert.
4. Si quis dicit optimum esse nauigare, deinde negat nauigandum in eo mari in quo naufragia fieri soleant et frequenter subitae tempestates sint quae rectorem in contrarium rapiant, puto hic me uetat nauem soluere, quamquam laudet nauigationem. * * * Wenn jemand sagt, es sei schwierig zu segeln, und es dann ablehnt, auf einem Meer zu segeln, auf dem des Öfteren jemand Schiffbruch erleidet und wo regelmäßig plötzliche Stürme aufkommen, die den Steuermann in die andere Richtung zerren, dann glaube ich, dass er mir verbietet, jemals loszusegeln, obwohl er doch das Segeln an sich lobt.

Redesign 2011

Hi,

wie man leicht erkennen kann, ist lateinlehrer.net von der alten HTML-Oberfläche auf ein kleines Content Management System umgezogen, nämlich auf WordPress. Das soll vor allem für ein schöneres, klareres und übersichtlicheres Erscheinungsbild und eine leichtere Wartung sorgen.

Wie gewohnt finden sich unter „Texte und Übersetzungen“ die Texte von der alten Seite, die übertragen wurden. Falls du also über einen externen Link hier gelandet bist, solltest du den Text, den du suchst, leicht wiederfinden können. Es gibt auch eine Suchfunktion (oben rechts), die gute Ergebnisse liefert.

Unter „Vokabeltrainer“ ist nun ein kostenloser Online-Vokabeltrainer zugänglich. Hier kommt man zur bebilderten Kurzbeschreibung. Eine ausführliche Anleitung gibt es auch.

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Elegie I, 3

Ibitis Aegaeas sine me, Messalla, per undas,
O utinam memores ipse cohorsque mei.
Me tenet ignotis aegrum Phaeacia terris,
Abstineas avidas, Mors, modo, nigra, manus.
5 Abstineas, Mors atra, precor: non hic mihi mater
Quae legat in maestos ossa perusta sinus,
Non soror, Assyrios cineri quae dedat odores.
Messalla, du gehst ohne mich durch die ägäischen Wellen,
ach wenn du und dein Gefolge doch an mich denken würdet.
Mich Kranken hält Phäakien auf fremdem Land.
Halte die gierigen Hände nur fern von mir, dunkler Tod!
Halte dich fern, finsterer Tod, ich bitte dich: hier hab ich keine Mutter,
welche die verbrannten Knochen vor der traurigen Brust aufsammeln könnte,
und keine Schwester, welche assyrische Düfte über die Asche streuen könnte.

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