Ich war vergangenen Monat in Venedig. Und hier ein paar Gedanken dazu.
Angereist bin ich von Basel aus mit Easyjet – war wie immer ziemlich schmerzfrei und brachte mich direkt zum Flughafen Venedig. Der liegt, natürlich, nicht in Venedig selbst, sondern in der Bucht am Festland. Von dort nimmt man das „Vaporetto“ – den Schiff-Bus – und gurkt damit von Haltestelle zu Haltestelle. Das dauert dann ca. 90 Minuten und macht einen völlig fertig, wenn man vorher im auf dem Wasser schwappenden Wartehäuschen gesessen hat und nun auch noch durch die Wellen gedüselt wird. Man ist richtig froh, wenn man am Ende endlich wieder Grund unter den Füßen hat.
Ausgestiegen bin ich dann bei San Zaccharia, eine Haltestelle vor dem San Marco (das, was jeder kennt, der Platz mit dem Turm und den Tauben und den Pfützen – dazu später). Ein paar Meter weiter lag auch schon das Hostel Casa Linger, wo man in Venedig ganz hübsch für verhältnismäßig wenig Geld schlafen (mehr aber auch nicht) kann.
Mit dieser Position wohnt man sozusagen mitten in Venedigs Altstadt – das ist ganz nett, denn da kommt man überall ziemlich gut hin, zumal Venedig sowieso nur zu Fuß zu gebrauchen ist – die Vaporetti sind sehr gewöhnungsbedürftig (aber für längere Strecken ganz praktisch); Autos, Wassertaxis und Gondeln sind entweder nicht vorhanden, irre teuer, super umweltschädlich oder eine Mischung davon. Also zu Fuß los durch die Stadt.
Venedig ist ein einziges Labyrinth. Weil der Platz ja knapp ist, hat man kurzerhand alles so eng aneinander gebaut, dass die „Straßen“ eng, die Häuser hoch und die Stadt somit nicht wirklich von innen durchschaubar ist. Aber zum Glück gibt es die Riva degli Schiavoni, eine breite Küstenstraße (auf der auch San Marco liegt), und die einmal um die ganze Südhälfte des östlichen Venedig reicht. So orientiert, kommt man zunächst mal zu San Marco, dem wichtigsten und wohl auch größten Platz Venedigs. (Die Venezianer sagen nur hierzu „Piazza“, und das hat seinen Grund…)
An dieser Stelle ein kleiner Exkurs zur Riva degli Schiavoni. Alles, was man an Venedig mögen und nicht mögen kann, ist auf dieser wenige Kilometer langen Küstenmeile zu finden. Nach Süden blickt man auf die schöne Insel Giudecca, nach Westen auf die Piazza San Marco, nach Osten auf unzählige Schickeria-Läden, Ramsch-Läden, Straßen-Läden, Vaporetto-Haltestellen, Gondolieri-Anleger, Brücken, Nobelhotels und so weiter. Besonders beeindruckend sind die zahllosen Straßenhändler afrikanischer Provenienz, die alles von der imitierten Gucci-Handtasche bis zum Sonnenhut verkaufen. Das Angebot passt sich der jeweiligen Tageszeit an (tagsüber: Sonnenbrillen, Sonnencremes, Sonnenhüte; nachts: Kamerastative, Lichtspielzeug), ich vermute, dass bei Regen auch Regenschirme an jeder Ecke zu bekommen sind.
San Marco hat: Eine Kirche, einen Turm, einen Platz, einen Dogen-Palast, jede Menge Touristen, jede Menge Tauben, einen Haufen teure Geschäfte und Restaurants, und Hochwasser. San Marco ist der „tiefste Punkt“ Venedigs (glaube ich) – und hier quillt eigentlich fast immer Wasser aus den Gullideckeln, weil Venedig ja bekanntlich im Meer versinkt, und weil das von Jahr zu Jahr schlimmer wird, kann man mittlerweile zu jeder Jahreszeit und auch im heißesten Hochsommer hier im Dreck planschen.
Ganz prima kann man dann als erste Touri-Station den Dogenpalast einbauen. Das ist ein riesiger, mittelalterlich-frühneuzeitlicher Prachtbau mit allem, was der machtbewusste Venezianer von damals brauchte: Portal, Prachthof, Säulengänge, ein paar Dutzend Warte-, Ess-, Billard- und Konferenzzimmer, Folterkeller und Gefängnis, Seufzerbrücke und so weiter und so fort – der Dogenpalast lohnt sich tatsächlich wirklich. Und wen das alles nicht reizt, der sollte einfach nur hierher kommen, um aus dem Fenster zu gucken: Von nirgendwo kann man Venedig so schön aus der Luft sehen wie aus diesem höchsten Gebäude der Stadt (na gut, vielleicht noch aus dem San-Marco-Turm).
Ist man mit dem Dogenpalast durch, kann man ein bisschen durch die Gassen von Venedig schlendern. Klassische Wege führen zur Rialto-Brücke, einer Art Shoppingmeile, die man nicht mehr in die vollgebauten Gassen von Venedig hineinbekommen hat, sodass man einfach eine breitere Brücke gebaut und darauf die Läden einquartiert hat.
Die Rialto-Brücke an sich ist nicht so spannend, aber sie liegt über dem Canale Grande, dem Hauptverkehrsweg in Venedig. Wenn man hier zur besten Rush-Hour-Zeit auftaucht, dann bietet sich hier ein Bild wie in New York am Times Square, nur dass es sich um einen Haufen vorsintflutlicher Boote handelt, die da die „Straße“ verstopfen.
Mein erster Tag endete hier und mein nächster führte mich nach Osten. Die Riva degli Schiavoni nach Osten herunterzulaufen, ist eher ungewöhnlich für Touristen – in Anbetracht der brütenden Hitze ist es aber eine angenehme Gegend, weil hier die Häuser bald aufhören und den Gärten des Parco delle Rimembranze weichen, wo ein bisschen Wind weht und die Temperaturen angenehmer sind als in den engen Gassen der Kernstadt.
Hier kann man nicht nur sehr hübsch spazieren gehen oder den Sieg der Italiener im letzten Weltkrieg (achso?) in Erinnerung halten, sondern auch weit günstiger essen gehen als im Zentrum, denn hierhin verirren sich weit seltener Touristen.
Stößt man bis ganz nach Osten vor, steht man unversehens vor den verschlossenen Toren von Arsenale. Dabei handelt es sich um eine uralte Schiffswerft, in der Venedig jahrhundertelang seine Seemacht konstruierte und die für damalige Verhältnisse einigermaßen umwerfend gewesen sein muss. Darum haben die Venezianer diesen Ort seit jeher gut geheimgehalten und bewacht – und das tun sie bis heute, auch wenn eine venezianische Galeere heute keinen somalischen Piraten in seinem Schlauchboot mehr beeindruckt. Darum darf man Arsenale auch nicht betreten und wird sofort erschossen, wenn man es doch versucht.
Läuft man dann lieber nicht nach Arsenale hinein, sondern biegt nach links (also nach Norden) ab, gelangt man in ein hübsches, überwiegend von Einheimischen bevölkertes Viertelchen, das wohl zu den besseren Vierteln gehört. Die Straßen sind hier breiter, die Häuser neuer und die Gärten grüner (bzw: es gibt hier Gärten) als in der Kernstadt. Entsprechend gibt es hier auch bezahlbare Gemüseläden, Bars und Kioske, und man fühlt sich plötzlich ein bisschen mehr wie in Italien und ein bisschen weniger wie in einem Museum, das Venedig eigentlich ist.
Etwa auf halber Höhe kommt man an der Isola San Pietro vorbei, die so heißt, weil … naja, weil die San-Pietro-Kirche draufsteht, und sonst nichts wesentliches. Aber was da los ist, ergänze ich dann, wenn ich wieder Lust habe.