Vor ungefähr fünf Jahren hat sich mein Bruder eine DSLR, eine Canon EOS 550D (wie ich heute weiß), beschafft. Damals war mein erster Impuls: Sowas unnötiges, großes, klobiges, schweres, teures braucht doch kein Mensch. Später habe ich dann hin und wieder gesehen, was so eine Kamera alles kann. Die Hochzeitsfotos meiner Cousine mit genialen Tiefenunschärfe-Effekten. Internetgallerien mit Makrofotografien. Verschwimmende Aktfotos durch Langzeitbelichtung. Ich habe mich ein Weilchen eingelesen. Und irgendwann war ich dann angefixt. Deshalb dürft ihr nun hier lesen, wie ich zu meiner Kaufentscheidung kam und was man letztlich an Geld für eine Grundausstattung hinlegen muss.
Materialschlacht: Canon EOS 450D ((Die Canon-Modellbenennung ist etwas kompliziert. Die vierstelligen, z.B. EOS 1100D, sind die Einsteigermodelle. Die dreistelligen, z.B. EOS 600D, sind die etwas besseren Einsteigermodelle. Die zweistelligen, z.B. EOS 60D, sind die semiprofessionellen Geräte. Und die einstelligen, z.B. EOS 5D, sind die Profigeräte. Je höher die Zahl, desto neuer das Gerät. Eine 500D ist neuer als eine 400D und eine 50D ist neuer als eine 40D. Das gilt aber nicht für die einstellige Serie (z.B. EOS 5D), da gelten andere Regeln.))
Vor etwa drei Monaten habe ich dann eine gebrauchte Canon EOS 450D ohne Objektiv für 230€ bei ebay ersteigert. Ich hatte vorher einige Tage den Markt beobachtet und die 230€ waren im Vergleich mit anderen Angeboten ein Schnäppchen. Die Kamera kam wenige Tage später an.
Nun hatte ich einen Kamerabody ohne Objektiv. Damit kann man noch nicht fotografieren. Jeder normale Mensch wird sich fragen: Welcher Idiot gibt 230€ für eine Kamera aus, mit der man nicht fotografieren kann?
Damit sind wir bei dem, was eine DSLR ((häufig übersetzt mit Digitale Spiegel-Licht-Reflex-Kamera, eigentlich digital single-lens reflex)) ausmacht. Es handelt sich hier um sogenannte Systemkameras, bei denen man das Objektiv abschrauben und einfach ein anderes draufstecken kann. Das Objektiv (= Linse) ist das Haupt-Kriterium dafür, was für Bilder aus einer Kamera herauskommen. Der Kamerabody ((= die eigentliche Kamera, z.B. EOS 450D)) hingegen spielt eine eher zweitrangige Rolle. Günstige oder ältere Kameras mit guten Objektiven liefern häufig ebenso gute Bilder wie die High-End-Profi-Kameras. ((Deswegen kosten die Objektive in der Anschaffung häufig auch mehr als die eigentliche Kamera.))
Materialschlacht: Sigma 18-200mm ((Das ist der Brennweitenbereich.)) 3.5/5.6 ((Das ist die maximale Blende: 3.5 bei 18mm, 5.6 bei 200mm.)) DC OS ((OS steht für Optical Stabilizer, also ein Wackelsensor, der beim Stillhalten hilft und schärfere Fotos produziert.))
Damit wäre geklärt: Mit meiner EOS 450D konnte ich ohne Objektiv noch keine Fotos machen. Es sollte ein Allround-Objektiv her, das einen möglichst großen Zoombereich vom Weitwinkel bis zu einem starken Telezoom abdeckt. Die gängigsten Objektive in diesem Bereich verfügen über einen Brennweitenbereich von 18-200mm, vereinzelt gibt es z.B. von Tamron ein 18-270mm. Letztlich fiel meine Wahl auf ein Sigma 18-200mm DC OS. ((Das OS bedeutet: mit Bildstabilisator, der leichtes Wackeln beim Fotografieren auffängt, sodass Bilder allgemein ein wenig schärfer rauskommen.)) Dieses Objektiv ist relativ groß und klobig, wiegt auch etwa ein halbes Kilo, aber ich möchte es nicht mehr missen.
Anbei zwei Beispielbilder aus dem letzten Urlaub, um den Zoombereich zu illustrieren. Einmal 18mm Brennweite – der maximale Weitwinkel: Man hat den Eindruck einer großen Entfernung von allen abgebildeten Dingen, die durch die leichte Verzerrung des Weitwinkels zusätzlich in die Ferne gedrängt werden.
Den umgekehrten Effekt findet man beim maximalen Telezoom von 200mm Brennweite: Hier wirken die abgebildeten Gegenstände stark zusammengequetscht; der Beobachter hat den Eindruck, unmittelbar auf Augenhöhe mit der Pusteblume zu sein.
Die Vorzüge dieses Objektivs sind klar: man kann einen extrem hohen Brennweitenbereich abdecken, hat also sowohl eine große Zoommöglichkeit für Detailfotos als auch einen guten Weitwinkel, um Panoramen abzubilden oder Gruppenfotos zu schießen. Auch aus relativ großer Entfernung lassen sich mit dem hohen Zoompotential schöne Portraits schießen – das ist auch deshalb wichtig, weil viele Leute sich unwohl fühlen, wenn man mit der Kamera direkt vor ihnen steht. Hält man zehn Meter Abstand, wirken die Portraits weniger gestellt und zugleich macht sich der Fotograf nicht so unbeliebt.
Materialschlacht: Canon EF 50mm 1.8 ((Wir üben nochmal die Sache mit den Objektivnamen: 50mm bedeutet die Brennweite. Es gibt hier nur eine, weil das Objektiv nicht zoomen kann. Und 1.8 bedeutet die maximale Blende; und weil ein kleiner Wert eine große Blende bedeutet, ist sie hier also besonders groß.))
Wenn man sich als Anfänger in die Materie einliest, dann stößt man zwangsläufig früher oder später auf das Canon EF 50mm 1.8 Standard-Objektiv. ((Standard-Objektiv, weil es nur eine einzige Brennweite von 50mm abbilden kann, sozusagen eine Standard-Brennweite für alle Situationen, bei der nahezu keine Verzerrungseffekte auftreten und das Bild relativ natürlich wirkt, also etwa so, wie man es mit den Augen sehen würde.))
Dieses Objektiv ist vor allem aus einem Grund interessant: Es ist ein lichtstarkes Objektiv für um die 100€, also in Fotografie-Maßstäben spottbillig. ((Ich bekomme immer Gänsehaut, wenn die Leute im DSLR-Forum bei den Kaufempfehlungen Anfängern irgendwelche High-End-Ausrüstung für fast vierstellige Beträge vorschlagen, aber Spiegelreflex-Fotografie gehört eindeutig zu den teuersten Hobbies neben Luxusyacht fahren und Diamante sammeln.)) Ich erkläre hier jetzt nicht in aller Ausführlichkeit, was ein lichtstarkes Objektiv ist; ich habe es auch selbst noch nicht endgültig verstanden. In aller Kürze bedeutet das, dass man kürzer belichten kann als bei einem lichtschwächeren Objektiv, d.h. die Belichtungszeit wird kürzer, d.h. das Foto wird schärfer. Damit zusammenhängend hat es eine größere maximale Blende ((das ist die 1.8 hinter dem Namen: kleiner Blendenwert = große Blende, weiß der Henker was das soll)). Was man damit machen kann, erkläre ich bei Gelegenheit auch noch.
Lichtstärke ist also quasi die Pferdestärke des Kameraobjektivs; wo der BMW mit 300PS sich völlig anders anfühlt als der Renault mit 100PS, da fühlt sich das 1.8er Objektiv völlig anders an als das 3.5/5.6er Objektiv. Und deswegen sagen alle: Kauf dir dieses Objektiv, es ist ja so billig. ((Andere lichtstarke Objektive kann man nämlich eher ab 500€ suchen gehen.)) Und tatsächlich ist das Objektiv durchaus ein schönes Spielzeug. Es ist sehr klein und leicht ((denn es kann ja nicht zoomen)) und süß, und durch die sehr große Maximalblende kann man tolle Unschärfeeffekte erzeugen. Was ich damit meine, sieht man auf dem Foto ziemlich gut.
Gleichwohl bin ich unsicher, ob dieses Objektiv für Anfänger eine sinnvolle Empfehlung ist. Dadurch, dass man überhaupt nicht zoomen kann, sind die Gestaltungsmöglichkeiten schon stark eingeschränkt. Und wie oft fotografiert man schon im Dunkeln? Außerdem trifft im Dunkeln der Autofokus nicht mehr – also muss man auch noch von Hand scharfstellen. Alles keine typischen Anfänger-Vorlieben. Darüber hinaus kann z.B. mein Sigma (siehe oben) bei hoher Brennweite ebenso gute Unschärfeeffekte erzeugen.
Wie komme ich günstig zu einer DSLR?
Wer mit der „besseren“ Fotografie gerade erst anfängt, will normalerweise keine 1000€ für Equipment ausgeben, das er vielleicht nur ein paar Mal im Jahr benutzt. ((Wie ich schon angerissen habe: In der Welt der Spiegelreflexfotos sind vierstellige Beträge nur für ein Objektiv garnicht ungewöhnlich. Die Einsteiger-Kameras wie die EOS 1100D kosten mit einfachen Objektiven gleich mal 400€, bessere Kameras wie die EOS 600D liegen eher bei 600-700€; wer richtig Dampf hinter der Linse haben will, kann für die Profi-Geräte auch weit über 1000€ ausgeben. Das billige Kitobjektiv von Canon mit 18-55mm Brennweite kostet schon mal seine 100€, für ein billiges Objektiv mit 18-200mm ohne Stabilisator zahlt man 150-200€, mit Stabilisator sind es eher 300-400€.)) Die Möglichkeiten, Geld auszugeben, sind zugleich unbegrenzt.
Und hier die gute Nachricht: Man kommt auch viel billiger zu einem guten Gerät, wenn man sich etwas anstrengt. Hier die Regeln:
- Gebraucht kaufen ist viel billiger und oft genauso gut!
- Ladegerät, Tasche, Stativ, Speicherkarte, Akkus, Batteriegriffe usw.: Auch diese Dinge gehen ins Geld – wenn man sie in einem gebrauchten Paket dazubekommt, sollte man das beim Preisvergleich einrechnen!
- Pakete sind billiger! Wenn man das Objektiv oder den Kamerabody in einem Paket nicht will, kann man es hinterher bei ebay wieder verkaufen – und bekommt so oft das gewünschte Teil günstiger!
Durch geschicktes Kaufen und Verkaufen von Paket(teil)en habe ich es geschafft, dass meine Ausrüstung mich nur ca. 400€ gekostet hat – bei einem Marktpreis von insgesamt locker 600€ für das gesamte Paket! Mit ein wenig Glück kann man also bei geschicktem Gebrauchtkaufen viel Geld sparen – und das macht gerade dann Sinn, wenn man nicht weiß, ob man sich langfristig mit dem neuen Spielzeug beschäftigen wird.